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Quelle: themoviedb.org

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Für Kai läuft die Zeit. Sein psychotischer Bruder wurde gerade vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen und wird heute Nachmittag vorbeikommen, um das Geld abzuholen, das Kai für ihn aufbewahrt hat. Das Problem: Das Geld ist bereits ausgegeben.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Dass Mark McNays gleichnamiges Roman-Debüt, das 2007 einige wohlwollende Kritiken einheimste, nach fast zwanzig Jahren auf die Leinwand kommt, klingt eigentlich nach einer guten Nachricht. Noch erfreulicher ist, wenn das deutsche Kino sich an Genrefilme wagt. Leider landete die Story um den Halbwaisen Sean O‘Grady, der mit seinem älteren Bruder Andy bei seinem Onkel unweit Londons aufwächst, bei Damian John Harper. Der gebürtige US-Amerikaner zeigte seinen speziellen Regiestil zuletzt bei einer anderen Buchadaption: Woodwalkers.

Der lieferte bei allen Mankos immerhin reichlich Komik, wenn auch unfreiwillig. Schwarzer Humor ist ein prominentes Merkmal der Vorlage, die Harpers selbstverfasstes Drehbuch aus dem harten Arbeiterviertel der tristen Industriestadt ins Ruhrgebiet verlegt. Sean und Andy heißen jetzt Kai (Louis Hofmann, Ripley) und Mirko (Franz Pätzold, Tatort: Kontrollverlust), ihr Onkel wiederum Andy (ein ruppiger Sascha Alexander Gersak, Achtsam Morden). Den von Billy Liar und Look Back in Anger inspirierten Kitchen Sink Realismus ersetzt piefiger Provinzmief, der hartnäckig durch die manirierte Inszenierung sickert. 

Da glimmt Rotlicht ohne ersichtlichen Lichtquelle durch Rüschen-Gardinen, während Kai über seine Geldsorgen brütet. Sein großer Bruder hat ihm 10.000 aus seinen kriminellen Geschäften während seiner Haftzeit anvertraut. Zu dumm, dass Kai die Kohle für Gattin Ayse (Canan Kir, Die Welt wird eine andere sein), die kleine Tochter und Wetten ausgegeben hat. So droht die Implosion seiner angespannten Beziehung zu Mirko, der sich vom jugendlichen Delinquenten zum ausgewachsenen Psychopathen entwickelt hat. Die destruktive Brüderbeziehung ist Motor und Mittelpunkt des pessimistischen Kleinstadtkrimis.

Dessen unnötig verkomplizierte Struktur, die sich zeitweise in Rückblenden verheddert, birgt ein klassisches Konfliktszenario: zwei ungleiche Brüder fesseln Blutsbande aneinander. Louis Hofmann und Franz Pätzold tragen den Film mit engagierten Darstellungen und greifbarer Dynamik. Jene untergräbt indes die plakative Psychologie, dick aufgetragen durch Ralf Richters (Richter Ralf Richter - Grenzfälle der Justiz) Erzählerstimme. Kais Abhängigkeit ist einigermaßen begründet; was Mirko zu ihm zieht, bleibt jedoch unklar. Ebenso vernachlässigt bliebt die erst in letzter Sekunde fokussierte Frage, wie verschieden Kai tatsächlich von Mirko ist. 

Diese kaltblütigen Parallelen zeigt Kais Angewohnheit, bei schrecklichen Gewalttaten einfach wegzusehen. Harper handelt auf dramaturgischer Ebene ähnlich und präsentiert Kai dennoch als positive Identifikationsfigur. Gänzlich unkritisiert ist zudem das toxische Männlichkeitsbild eines Szenarios, in dem die wenigen Frauen ausschließlich Mütter sind. Die auffälligste Auslassung trifft jedoch den grimmigen Humor, der komplett wegfällt. Wie zum Ersatz regiert mehrfach unabsichtliche Komik, wenn Macho-Pathos und Krimi-Kitsch mit Harper durchgehen. Das kompromisslose Fazit landet, der Rest versackt in Retorten-Atmosphäre.

Fazit

Wenn Kunstnebel die trostlose Kleinstadtkulisse Damian John Harpers Kriminaldramas in artifizielles Zwielicht taucht, hat das fast etwas von Edgar Wallace. Doch Selbstironie fehlt der kondensierten Handlung ebenso wie der Galgenhumor Mark McNays gleichnamiger Buchvorlage. Deren kurioses Reboot als Ruhrpott-Gangstergeschichte findet ihre Analogie in den Winnetou-Filmen, die hier ein kindliches Brüderlichkeits-Ideal symbolisieren. Derlei gestrige Spießer-Sentimentalität unterminiert neben der brüchigen Spannung auch todernste Stimmung und Kragen Sympathien. Die passable Genre-Unterhaltung hängt ganz am kompetenten Ensemble und dem hohen Erzähltempo. 

Kritik: Lida Bach

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