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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Im Laufe dieses Jahrhunderts wird die Weltbevölkerung auf zehn Milliarden anwachsen. Wo soll die Nahrung herkommen, die jeder Einzelne täglich zum Überleben benötigt, und von der ja bereits heute jeder Sechste zu wenig hat. Wie können wir verhindern, dass die Menschheit allein durch ihr Wachstum die Grundlage für ihre Ernährung zerstört? Regisseur Valentin Thurn hat mit seinem letzten Film "Taste the Waste" aufgezeigt, welche immensen Mengen an Lebensmitteln heutzutage ungenutzt auf den Müll wandern. Damit hat er eine breite Öffentlichkeit angesprochen und eine intensive gesellschaftliche Debatte über Deutschland hinaus entfacht. Jetzt geht er einen Schritt weiter und rückt in seinem neuen Dokumentarfilm "10 Milliarden" die Landwirtschaft als Basis der Welternährung in den Mittelpunkt.

Kritik

Der deutsche Dokumentarfilmer Valentin Thurn hat sich 2011 bereits einen Namen mit dem Film „Taste the Waste“ gemacht, in dem er die Verschwendung von Lebensmitteln durch die Wegwerfpolitik europäischer Supermärkte anprangert. Für seinen neuesten Film hat er ein noch größeres Thema gewählt und um dessen globale Ausmaße erfassen zu können hat er sich auf eine Weltreise begeben, die ihn u.a. nach Indien, Malawi, Japan, die USA, Großbritannien und nicht zuletzt auch zurück nach Deutschland führte.

Die Prämisse: Im Jahr 2050 wird die Weltbevölkerung auf 10 Milliarden Menschen angewachsen sein. Das sind fast 1,5 Mal so viele Menschen wie heute und mehr als 5 Mal so viele wie im Jahr 1900. Und bereits heute leidet jeder achte Mensch unter chronischem Hunger. Höchste Zeit also, nach Ursachen und Lösungen zu suchen.

Und die findet Thurn überall auf der Welt. Doch sind einige Lösungen vielversprechender als andere. Er beginnt seine Reise hierzulande bei dem Chemieriesen Bayer, der, was viele nicht wissen, den weltweit größten Marktanteil an patentierten Nutzpflanzen besitzt. Hybride, hochgezüchtete, nicht mehr fortpflanzungsfähige Pflanzen, die von Bayer in alle Welt verkauft werden, führen ihn nach Indien, wo diese Hybrid-Pflanzen angebaut werden. Die indischen Bauern aber versuchen, das traditionelle Saatgut zu erhalten, da sie sich bei der Nutzung der Hybride von den großen Konzernen abhängig machen. Auf diese Weise verknüpft er die unterschiedlichen Orte seiner Reise und zeigt das verstrickte Netz des Nahrungsmittelhandels.

Die Ursachen sieht er in der industriellen Landwirtschaft. Die Kleinbauern in den armen Regionen dieser Welt werden von mutlinationalen Landwirtschaftskonzernen ihrer Äcker beraubt um Sojabohnen für europäische Rinder anzupflanzen. Dadurch müssen sie Lebensmittel auf dem Markt kaufen, dessen Preise ebenfalls von der westlichen Welt bestimmt werden und die durch unverantwortliche Börsenspekulationen bereits Nahrungskriege ausgelöst hat.

Es wird bereits deutlich, dass Thurn nicht viel von der industriellen Lebensmittelproduktion hält. Auch die Wissenschaft kommt in seiner Dokumentation nicht gut weg. Dabei liefert er selbst schon ein Argument gegen seine Ansichten. Denn es handelt sich bei der Bekämpfung des Welthungers um ein unvorstellbar komplexes Problem, bei dem der deutsche Biobauer genauso eine Variable ist wie der große Gentechnik-Konzern oder der afrikanische Kleinbauer. Hier mögliche Lösungen wie die Produktion von Laborfleisch auszuschließen, weil sie nicht in die eigene Weltanschauung passen oder nicht das Problem in Indien lösen, ist falsch. Denn sie können stattdessen die Ursachen in Europa bekämpfen. Seine Anerkennung der industriellen Lösungen für die wohlhabenden Länder hält sich in Grenzen, weil sie den armen Menschen dieser Welt nicht helfen. Aber das tun sie indirekt, indem weniger Sojafelder in Afrika angepflanzt werden müssen, wenn durch Laborfleisch in Europa weniger Futtermittel gebraucht werden. Er verschließt sich da zu sehr und lässt sich von den grünen und schönen Bio-Lösungen blenden.

Die sind aber selbstverständlich genauso vielversprechend und richtig. Besonders die vorgestellten Projekte aus Großbritannien machen Mut, nachdem man diesen schon fast aufgegeben hat in Anbetracht der dargestellten Übermacht des weltweiten Lebensmittelhandels. Vielleicht war Thurn durch Bayers Pflanzen-Hybride zu verschreckt, um zu sehen, dass eine Hybrid-Lösung nötig ist. Denn es müssen Industrie, Wissenschaft, traditionelle Landwirtschaft und neuartige Methoden kombiniert werden, um dieses Problem in den Griff zu kriegen. Alles andere wäre unrealistisches Wunschdenken.

Leider schließt er scheinbar auch einen der naheliegendsten Lösungsansätze weitestgehend aus: Die Industrieländer müssen weniger Fleisch verzehren. Diese zentrale Ursache für das ganze Problem wird zwar angesprochen, aber längst nicht im nötigen Umfang. Ohne Massentierhaltung, was seine Lösung wäre, können wir den aktuellen Fleischbedarf Europas nämlich nicht stillen. Insekten als Nahrungsquelle verkommen zur Einleitungsszene und bekommen noch einen Satz im Abspann spendiert, wobei das eine der vielversprechendsten Lösungen ist. Und es ist genauso schwer, den fetten und faulen Europäer von Insekten als Lebensmittel zu überzeugen, wie ihm klarzumachen, dass es 500 g Hähnchenbrust nicht für 3 € geben darf.

Fazit

Valentin Thurn behandelt ein Thema von größter Wichtigkeit, es gibt tatsächlich höchstens eine Hand voll Probleme in der Welt, die wichtiger sein könnten. Er stellt verschiedene Menschen vor, die unterschiedliche Lösungsansätze vertreten und verknüpft Einzelschicksale gekonnt zu einem globalen Netz, um die Ausmaße der Thematik darzustellen. Dabei verliert er vor lauter Weltverbesserern etwas den Blick auf die reale Lage und schenkt dem ein oder anderen wichtigen Aspekt zu wenig Aufmerksamkeit.

Kritik: Tobias Kiwitt

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