Formell ein Drama mit kriminalistischem Impuls wagt sich François Ozons dezent modernisierte Interpretation nie an den psychopathologischen Abgrund Camus’ existenzieller Leere. Kritik am bürgerlichen Rechtssystem, kolonialistischer Repression und xenophober Konstrukte sind die stärksten Eigenschaften einer stilsicheren Charakterstudie. Markant verkörpert von Voisin, bleibt Meursault ein verkappter Soziopath, in dem die Abgründe bourgeoiser und kolonialer Ordnungskonzepten kulminieren. Sparsam, wortkarg und distanziert folgt die Inszenierung Camus radikal restriktiver Konstruktion, die visuelle Akzente und punktuelle Ergänzungen aufbrechen. Dass sich gerade hier die perspektivische Beschränkung des Regisseurs offenbart, gibt der ambitionierten Adaption eine unfreiwillige, aber dennoch interessante filmpolitische Facette.