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Mehr als Durchschnittskrimikost? "Der Pass" - Staffel 1- Kritik

DomKarnage

Von DomKarnage in "Der Pass" - Staffel 1- Kritik

Mehr als Durchschnittskrimikost? "Der Pass" - Staffel 1- Kritik Bildnachweis: © Eye See Movies (AV Visionen)

Inhalt

In den verschneiten Bergen, auf einem Grenzstein zwischen Deutschland und Österreich liegt eine seltsam inszenierte Leiche. Beide Länder schicken Ermittler: die junge Ellie Stocker aus Berchtesgaden und Gedeon Winter (Nicholas Ofzcarek) von der Kripo Salzburg. Stocker übernimmt hochmotiviert ihren ersten großen Fall, während Winter, ein desillusionierter Zyniker, die Ermittlungen am liebsten ganz auf seine deutsche Kollegin abschieben würde. Zwischenmenschliche Spannungen sind vorprogrammiert. Aber die zwei müssen kooperieren. Denn es geschehen weitere Morde. Und sie tragen die gleiche Handschrift. Schnell steht fest, dass ein Serienmörder am Werk ist. 

Nach der Beschreibung eines überlebenden Opfers entsteht eine Phantomzeichnung des Täters. Sie zeigt die teuflische Fratze eines Krampus, eines jener furchterregenden Begleiter des heiligen Nikolaus, die unartige Kinder bestrafen. Verfolgt der Mörder womöglich eine Mission? Schockierende Audionachrichten, die bei einem Journalisten eingehen, erhärten diesen Verdacht. In jeder von ihnen ist die Rede von der "roten Jahreszeit".

Kritik

Es ist ein offenes Geheimnis, dass deutsche Produktionen es, gerade im internationalen Vergleich, oft nicht leicht haben. Obwohl es massig fähige Leute, ob nun vor oder hinter der Kamera gibt, scheitern viele einheimische Filme und Serien aber häufig nicht bloß aus Budgetgründen, sondern auch an den Sehgewohnheiten des Publikums. Während die Kinos noch allenfalls für den neuesten Auswurf der immergleichen üblichen Verdächtigen von Elyas M'Barek bis Til Schweiger gestürmt werden, führt Genrekino in Deutschland für gewöhnlich ein Schattendasein. Nochmal anders sieht es zwar im Fernsehen aus, wo die allabendlichen Vorabendkrimis und die Tatort-Tradition aber wiederum so stark verwurzelt sind, dass kaum etwas abseits dessen möglich scheint. Was sich allerdings seit einigen Jahren andauernder Beliebtheit erfreuen kann, ob nun in Film-, Buch- oder eben Serienform, sind Krimireihen aus Skandinavien. Ob nun Maria Wern: Kripo Gotland, Kommissar Wallander oder auch Bestsellerverfilmungen wie Verblendung: die nordischen Produktionen unterscheiden sich doch merklich von den bekömmlichen Krimiformaten der Öffentlich-Rechtlichen und finden mit ihrer raueren, düsteren Tonart auch inzwischen international Beachtung.

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Eben genau in diese Kerbe will nun auch der Bezahlsender Sky nach dem Erfolg von Babylon Berlin mit der Originalserie Der Pass schlagen. Nach der Serienneuauflage von Das Boot stand nun bei der deutsch-österreichischen Co-Produktion dann auch direkt die schwedisch-dänische Erfolgsserie Die Brücke -Transit in den Tod Pate. Aus der leiteten sich auch bereits mit The Bridge ein amerikanisches sowie ein britsches Pendant (The Tunnel) ab, die sich ebenfalls auf dieselbe simple Ausgangslage stützen: Eine Leiche wird im Grenzgebiet zwischen zwei Ländern entdeckt und verteilt die Zuständigkeiten auf ein ungleiches Ermittlerduo, bei dem sowohl die Altersklassen als auch die Nationalitäten aufeinanderprallen. Während das bei den bisherigen Epigonen zwischen Engländern und Franzosen aber schon von Haus aus für mehr Zündstoff gesorgt haben dürfte, hält sich dieser Aspekt bei Der Pass doch merklich in Grenzen. Zwar prallen auch hier ganz klar Welten aufeinander, wenn die junge, idealistische Polizistin aus Berchtesgaden auf den alteingesessenen, zynischen Salzburger Kommissar trifft, der anfangs am liebsten die Verantwortung ganz auf die deutsche Kollegin abwälzen möchte. Letztlich sind sich aber die Bayern und die Österreicher längst nicht so fern in ihrer Mentalität wie in den Vorläufern.

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Die dienen aber wohl ohnehin nur als grobe Inspiration und Richtschnur für die Macher, wie es heißt. Und tatsächlich ist Der Pass mitnichten bloß ein lupenreines Remake ohne eigene Impulse. Vielmehr nutzen Cyrill Boss und Philip Stennert die Grundprämisse, um daraus eine eigene Geschichte zu stricken, die sich ebenso bei anderen großen Vorbildern bedient wie auch von ihnen löst. Überhaupt sind die kreativen Masterminds hinter der Serie das Argument schlechthin, um dem Format auch als Krimiverächter eine Chance zu geben. Das Regieduo, das 2007 seinen Einstand mit der Klamaukfortsetzung Neues vom Wixxer gab und danach mit der Neuauflage des Krimiklassikers Jerry Cotton scheiterte, bewies schon dabei durchaus ein Händchen fürs Genre. Bei Der Pass sind beide nun sowohl als Hauptautoren als auch Regisseure federführend und wenngleich das Eine mit dem Anderen auf Dauer nicht immer ganz mithalten kann, so ist es zweifellos die Inszenierung, die die Serie aus dem Quoteneinheitsbrei hervorstechen lässt. Durchweg merkt man der Produktion an, dass hier zwei talentierte Filmemacher endlich aus dem Vollen schöpfen und sich viele Freiheiten erlauben durften. Schon von Anfang an kommt Der Pass mit einer visuellen Pracht daher, die vielen Kinoproduktionen in nur wenig nachsteht und einen durchweg wertigen Eindruck hinterlässt.

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Besonders die Kamera von Philip Peschlow leistet hier mitunter für TV-Verhältnisse Herausragendes, wenn sie die Erhabenheit und Schönheit der Schneelandschaften in den Alpen immer wieder ebenso hervorhebt wie das Unberechenbare der Natur und die Gefahr, die diese beherbergt. Unterstützt von der unheilschwangeren Musik von Jacob Shea, bei der zudem unüberhörbar Starkomponist Hans Zimmer als Produzent seine Finger im Spiel hatte, kreiert die Serie schon früh die nötige Sogwirkung. Auch ist das Bild, das hier von Deutschland und Österreich gezeichnet wird, angenehm frei von volkstümelnden Klischees und flechtet dabei sogar geschickt tagesaktuelle Themen wie Schlepperkriminalität oder korrupte Landespolitik ein. In den meisten Fällen werden diese in Der Pass nur gestreift und gerade aus den Bezügen zur Flüchtlingskrise hätte man durchaus mehr rausholen können, krampfig hineingeschrieben, um besonders gewichtig relevant zu sein, wirken diese aber nie.

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Etwas anders sieht es dagegen bei den Handlungselementen aus, bei denen man sich wohl nicht nur an skandinavischen Vorbildern bedient hat. So lässt die Charakterzeichnung der jungen Kommissarin Ellie Stocker mehr als deutlich an Clarice Starling aus Das Schweigen der Lämmer denken und auch die ungewöhnlich frühzeitige Enthüllung des Täters sowie dessen Darstellung erinnern stark an die Hannibal-Vorgeschichte Roter Drache. Leider aber kann das Drehbuch weder diesen großen Namen gerecht werden, noch wirkt die Mischung hier immer stimmig. Obwohl man die Mördersuche rasch zu einem Mysterium aufbaut um einen Killer, der mit Krampusmaske die „Unartigen“ bestraft und die „rote Jahreszeit“ orakelt, bei der die Natur schließlich über den Menschen triumphieren soll, so geraten diese an für sich spannenden Ideen zusehends ins Hintertreffen. Zu sehr gleiten diese untergemischten Komponenten in allzu vertraute Muster ab und spielen irgendwann ähnlich kaum noch eine Rolle wie eine früh etablierte Öko-Sekte, die ebenso eher halb zuende gedacht wirkt.

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Nichtsdestotrotz kann die Serie über weite Strecken die Spannung halten, was zum einen an der erstaunlichen Kurzweil liegt, die bei einer ersten Staffel mit acht Episoden à 45-55 Minuten und insgesamt rund 8-9 Stunden Laufzeit beachtenswert ist. Zum anderen ist das aber auch neben der teilweise ausgeklügelten Inszenierung und der enorm stimmungsvollen Atmosphäre den Darstellern zuzuschreiben. Zwar wirkt Hauptdarstellerin Julia Jentsch (Sophie Scholl – Die letzten Tage) als Nachwuchskommissarin Stocker bisweilen leicht überfordert und der Subplot über eine Äffäre mit ihrem Arbeitskollegen überflüssig, möglicherweise liegt aber Ersteres auch an der starken Präsenz ihres österreichischen Kollegen. Mit einnehmender „Wiener Schmäh“ kann Nicholas Ofczarek (Nightlife) als mürrischer, desillusionierter Kommissar überzeugen und seiner Figur auch über die klischeehaft zugeschriebenen Drogenprobleme und korrupte Vergangenheit hinaus Glaubwürdigkeit verleihen. Auch wie auf Dauer zermürbend, kräftezehrend eine sich in die Länge ziehende Ermittlung für die Beamten sein kann, zeigt die Serie auf und natürlich entwickelt der Gejagte im Verlauf eine krude Faszination für die Jägerin.

Besondere Erwähnung verdient sich hier Franz Hartwig (Brecht). Auch bei ihm geizt Der Pass nicht mit den genretypischen Stereotypen vom eigenbrötlerischem Computernerd, der spielend jedes Handy hackt und dessen mörderischer Antrieb aus fanatischer Naturverbundenheit heraus auch deshalb eher vage Behauptung bleibt. Dennoch schafft es der Dresdener Darsteller seine Rolle mit Leben zu füllen und sie stets zwischen Verletzbarkeit und Bedrohung hin- und herpendeln zu lassen, was dem Ganzen eine gewisse Tragik gibt. Spürbar daran gelegen ist den Machern, ihm Menschlichkeit zu verleihen, sodass sie ihm in der zweiten Hälfte auffallend viel Spielzeit einräumen, an wirklicher Tiefe mangelt es aber dem Ganzen aber trotzdem.

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So sind es also in erster Linie die Inszenierung und die Darsteller, die einen vorrrangig bei der Stange halten, auch wenn Cyrill Boss und Philip Stennert über den Verlauf auch mit der ein oder anderen Wendung und geschickt ineinander verwobenen Montagen immer wieder ihr Können unter Beweis stellen. Das Finale ist zwar nochmal spannungsreich, kommt aber ohne große Überraschungen aus und steuert nicht zwangsweise via Cliffhanger auf eine zweite Staffel zu. So ist Der Pass am Ende ingesamt zwar eine überwiegend solide Angelegenheit, der große Wurf ist den Machern aber trotz überdurchschnittlicher Inszenierung und vielen guten Ansätzen aber dann doch nicht ganz geglückt, sodass zumindest die Auszeichnung mit der Goldenen Kamera als Beste Serie doch etwas übertrieben scheint. Und doch stellt Sky hier unter Beweis, dass auch in deutschen Landen mehr möglich ist als die übliche Krimikost und man sich vor allem auch handwerklich nicht vor den internationalen Vorbildern verstecken muss. Derzeit sind die Dreharbeiten für eine zweite Staffel bereits im Gange, die vermutlich noch vor Ende dieses Jahres auf Sky ausgestrahlt werden wird.

Die komplette erste Staffel von Der Pass ist bereits seit dem 5. Dezember 2019 auf DVD und Blu-ray erhältlich und zudem noch bis Ende Mai in der ZDF-Mediathek verfügbar.

Technischer Part
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Auf DVD und Blu-ray hinterlässt Der Pass, gerade für eine TV-Produktion, einen sehr guten Eindruck. Bild und Ton sind teilweise beinahe schon auf Kinoniveau und lassen besonders bei den zahlreichen Naturaufnahmen kaum etwas zu wünschen übrig. Fürs heimische Regal kommt die Serie in einem schick gestalteten, aber doch etwas dürfig verarbeiteten Digibook daher, das neben einem Inlayer-Booklet mit Episodenübersicht auch einen Kommentar der Serienmacher enthält. Auf der letzten von insgesamt drei Discs finden sich dann außerdem noch Interviews mit Cast und Crew.

Fazit

Der Pass kann zwar nicht immer ganz mit seinen klaren Vorbildern mithalten, liefert aber gerade für deutsche TV-Verhältnisse über weite Strecken solide und ausgesprochen kurzweilige Krimikost ab. Vor allem aber demonstriert die Sky-Produktion eindrücklich, dass auch in Deutschland mit den entsprechenden Mitteln weitaus mehr im Krimigenre vonstatten gehen kann als bei den allabendlichen üblichen Verdächtigen im linearen Fernsehen.

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