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Stu

Kritik von Stu

Für die einen gilt er als künstlerischer und kalter Hinterfrager, der mit seinen Filmen wie „Caché“, „Das weiße Band“, „Funny Games“ oder „Wolfszeit“ die Gesellschaft in einem dunklen Rahmen porträtierte. Für andere ist er ein Pauschalisierer, für den das Böse nur ein Erzeugnis von medialer Gewalt ist. Aber wie man auch zu Michael Haneke steht, sein neuestes Werk „Liebe“ hätte ich zumindest so nicht von ihm erwartet, denn Haneke präsentier seinem Publikum keine Obduktion des menschlichen Verfalls, sondern ein so schonungsloses wie aber auch zärtliche Studie über… die Liebe. Die Zeit des Verfalls, sie hat begonnen Wir, die Zuschauer, werden Zeuge wie George und Anne es mit dem körperlichen und geistigen Niedergang von Anne aufnehmen. Haneke gelingt es hierbei seine kühle Bildersprache in Wärme zu hüllen, obwohl ein Großteil in langen, starren sowie nüchternen aber dennoch kunstvollen Kameraeinstellungen eingefangen wird. Übrigens vom iranischen Kameramann Darius Khondji, der schon „Sieben“ oder „My Blueberry Nights“ visuell eindrucksvoll glänzen ließ. Uns wird immer ein wenig das Gefühl vermittelt, direkt anwesend zu sein, wie ein stummer Geist, ohne uns die Rolle des Voyeurs aufzudrängen. Derweil füllen die Darsteller die Szenerien mit Leben. Mit Leben, welches sicherlich auch nur eine filmische Illusion ist, das sich aber wahrhaftig anfühlt. Kein Wunder: „Liebe“ IST wahrhaftig. In all seinen Facetten. Die Ehe zwischen Anne und George wirkt ehrlich, fern von großen Melodramen und romantischer Kalauerei. Die Krankheit, das Alter, der physische wie psychische Verfall von Anne, dies alles geschieht mit einer emotionalen Greifbarkeit. Das ist sicherlich ein Verdienst von Haneke, aber gewiss auch von seinen Darstellern. Jean-Louis Trintignant und Emmanuella Riva spielen in einer Sphäre, in der es schwer zu beurteilen ist, ob sie etwas darstellen, oder ob das Gesehene nicht doch die Wahrheit, die Realität ist. Anne, die große Liebe von George „Liebe“ versteht sich nicht als soziales Drama. Es geht nicht darum Öl ins Angstfeuer des Alters zu schütten, um es weiter anzufachen. Der Titel sagt bereits alles worum es hier geht. Haneke zeigt ohne falsche Scham vor dem menschlichen Gebrechen und mit einer großen, wohltuenden Entfernung zum Schmonzentum die Hingabe eines Mannes zu seiner Gattin, aus der im Laufe des Films eine Hülle wird. Tief darin eingeschlossen ist die Frau gefangen die George liebt und für diese tut er alles. Anne und George, sie beide bringen Opfer. Aus Anne wird irgendwann nur noch ein Objekt. Eine wimmernde Person, von Pflegekräften nach besten Gewissen versorgt, von der Tochter betrauert, aber es bleibt ihr Mann, ihr George, der ihr mit der Würde begegnet, die einhergeht mit bedenkenloser Liebe. Dass dies ohne Pathos auskommt ist eine Wohltat und auch das sonst nichts den Film verwässert macht ihn so ehrlich wie ergreifend. Michael Haneke hat zuvor bereits Filme inszeniert, die mich tief bewegten. „Funny Games“ hat mich verstört wie kein Zweiter, „Die Klavierspielerin“ ließ mich erbarmungslos frösteln und „Das weiße Band“ zog mich in seine schwarzweiße Gesellschaftstudie. Doch „Liebe“ ist anders. Er ist wärmer. In seiner Ausweglosigkeit steckt etwas Befreiendes: Wir brauchen keine Furcht zu haben vor dem sterben. Einzig bei der Vorstellung alleine zu sein, wenn meine Zeit gekommen ist, ja, das ist jetzt ein unangenehmer, ein unbehaglicher Gedanke. Wenn ein Film es schafft, so etwas auszulösen, dann spreche ich gerne von etwas ganz großem. Michael Haneke gelang ein Glanzstück. Ein Meisterwerk. Liebe.

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