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Smooli

Kritik von Smooli

Gesehen: April, 2016

Moviebreaks Filmnacht Nr. 3 - Thema: Werk einer Regisseurin

Es gibt so Filme, da weiß man gar nicht, wie einem geschieht. Ich sitz jetzt hier, der Abspann von Mélanie Laurents „Respire“ ist seit ein paar Minuten passé und ich hab keinen blassen Schimmer, wie ich den Film ordentlich besprechen soll. Daher auch keine Kritik, sondern ein Kommentar. Daher der frevelhafte Gebrauch des „Ichs“. Ich hab mir Notizen zum Film gemacht, keine Frage, aber wie ich die ordentlich einordnen soll? Hab nun das einzige Album von Mélanie Laurent angemacht, lausche ihrer Musik und bin froh, dass ich kein Französisch kann - das erleichtert es ungemein, dass ich mir einrede kann, sie würde über Regenbögen, vierblättrige Kleeblätter und fruchtiges Eis an Frühlingstagen singen. Solche Gedanken kann ich jetzt nun gut gebrauchen, nachdem mir Herz, Magen und Seele grad in nicht einmal 90 Minuten entrissen und vor meinen Augen zu Baggermatschepampe verarbeitet wurden.

Der Film beginnt morgens, aber der Himmel glüht nicht rosarot, stattdessen vermischt sich etwas dunkleres grau langsam mit etwas hellerem grau. Es ist wahrscheinlich arschkalt, was sich gar nicht mal auf die Temperatur selbst beziehen muss, sondern einfach nur auf die allgemeine Stimmung, mit der der Film den Zuschauer empfängt. Charlie wacht auf, ihre Eltern streiten sich lautstark. Als sie hinunter geht, steht ihre Mutter abgewandt und versucht, ihr Weinen zu unterdrücken, ihr Vater tut so, als wäre das alles total lächerlich. Sie will dann auch lieber mit dem Bus zur Schule fahren, als von ihrem Vater gefahren zu werden. Auf dem Rückweg geht sie ein paar Meter mit ihrer besten Freundin aus Kindheitstagen. Sie unterhalten sich, bis ihre Freundin schließlich einen anderen Weg gehen muss. Laurent bleibt noch zwei Sekunden auf Charlie, gerade genug, um zu sehen, wie sich ein bleischwerer Schleier über Charlies Mine legt; die Zeit der Ablenkung ist vorbei, sie muss zurück nach hause.

Derartige Anhängsel gibt es in diesem Film immer wieder - mal lässt Laurent am Anfang, dann am Ende einer Szene ein paar Sekunden der Stille einfließen. Sekunden, die mit ihrer Leere stets ins Schwarze treffen und derart unter die Haut gehen, dass es eigentlich gar nicht mehr fair sein kann. Wenn Charlie dann auf Sarah trifft, selbstbewusst, beliebt und wunderschön, freunden die beiden sich an und sind unzertrennlich. Daraufhin macht Laurent sich bereit, um alle Fassaden einzureißen, das Schöne der Welt in eine Pfütze zu schubsen und noch mal nachzutreten. Und das schlimme daran: Das alles passiert derart natürlich, nüchtern, ruhig und ohne jegliche künstlerische Aufgeblasenheit, dass man ihr nicht einmal böse sein kann. Laurent hat ein wahnsinniges Gespür für den Bildausschnitt, die Bewegung der Kamera, für kleine Momente und unsichtbare Blicke, dass die Beziehung zwischen Figur und Zuschauer eine wird, deren Ursprung tief in unserem Inneren zu finden ist.

Respire“ ist Kino von der eindrucksvollsten Sorte. Kino, das den Namen verdient und den Zuschauer atemlos, mit Gänsehaut, beißenden Tränen in den Augen und einem Kloß im Halse zurücklässt. Manchmal schaut man Filme und will danach nicht mehr. Manchmal versaut einem die Fiktion sogar die Realität. Und manchmal fühlt man sich von Kunst hintergangen. Manchmal reicht es, nichts zu sehen. Manchmal reichen talentierte Menschen, manchmal reicht die Stille. Und manchmal ist sie zu viel.

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