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Gertschi

Kritik von Gertschi

Viktorianische Liebeszauberei

Ein beglückendes Geschenk von James Ivory. Eigentlich ist dieser Film zu brillant, zu kritisch, zu gescheit und viel zu schön, um so unheimlich viel Erfolg zu haben, wie er hat. Eine Literaturverfilmung, brillant besetzt und sozialkritisch verbrämt. Altmodisches Sittengemälde aus dem viktorianischen England, in den 80ern in den Hitparaden der amerikanischen und englischen Kinos? Das klingt absurd und nach Hexerei.

Und in gewissem Sinne ist es das auch: denn sie wirkt einfach bezaubernd, diese Geschichte einer Liebe gegen Konventionen. Gegen Mief und Standesdünkel einer selbstgefälligen Gesellschaft, die mit Korsetten abschnürt, was ihr nicht paßt, und einfach verachtet, was sie nicht versteht.

E. M. Forster (1879-1970), Autor auch der so erfolgreich verfilmten „Reise nach Indien", hatte nicht nur die sozialkritische Bissigkeit seines berühmteren Kollegen D. H. Lawrence, sondern auch dessen Geschick, pralle Charaktere mit psychologischem Witz zu skizzieren. Zeitlebens wehrte der durch eigene Homosexualität für repressive Umwelt besonders sensibilisierte Schriftsteller James Ivorys Bemühungen nach filmischer Umsetzung. Zu Unrecht: dem Regisseur ist einer der geglücktesten Versuche dieser Art überhaupt gelungen.

Florenz, Italien. Eine Luft wie Spumante. Die Sonne, die Sinnlichkeit der Landschaft, die betörende Schönheit einer Stadt: alles wird zum Kuppler zwischen dem höheren Töchterchen Lucy (Helena Bonham Carter) und dem jungen Cecil (Daniel Day-Lewis), der widerborstig wie sein zynischer Vater britischen Konventionen trotzt. Zurück in England, scheinen dem Fräulein ihre italienischen Gefühle plötzlich zu gewagt, zu unpassend. Sie verlobt sich standesgemäß. Bis sie erkennt, daß man um sein Lebensglück kämpfen muß, auch gegen eigene Zwänge, die Familie, die Gesellschaft.

Helen Bonham-Carters strahlendes, inniges Mädchengesicht: wirklich zum Küssen. Mit ätzendem Humor und süffisanter Situationskomik zielt „Zimmer mit Aussicht" nach mehr als nur nach prüder Vergangenheit. Die Romanze entlarvt auch bürgerliche Fassaden, Konventionen und Snobismus als zeitlose Angstreaktion auf unbequeme Wahrheiten.

Ein zusätzliches Entzücken bereiten die Inserts der Kapitelüberschriften, damit man schmunzelnd darauf vorbereitet wird, was als nächstes passiert. Als Lohn für die Mühen gab es Oscars für das beste adaptierte Drehbuch, die Ausstattung und die Kostüme sowie Nominierungen für die Regie, die Kamera und die Nebendarsteller Smith und Elliot. Logischerweise folgten in den nächsten 10 Jahren mehrere "nostalgische" Filme, zum Teil von Ivory selbst.

Fazit: Das Meisterwerk für romantisch veranlagte Gefühlsnostalgiker mit einer alles überragenden Helena Bonham Carter. 

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