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Zwei Tage und eine Nacht, in denen für Sandra alles auf dem Spiel steht: Achtundvierzig Stunden hat sie Zeit, um ihre Arbeitskollegen zu überreden, auf ihre begehrten Bonuszahlungen zu verzichten, damit sie selbst ihren Job behalten kann.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Ihre Apotheose innerhalb anspruchsvollen Arthouse-Zirkeln hat das belgische Geschwistergespann um Jean-Pierre und Luc Dardenne mit ihrem zweiten Erfolg bei den internationalen Filmfestspiele von Cannes, „Das Kind“ aus dem Jahre 2005, erfahren. Die allseitige Bewunderung speist sich aus dem unbändigen Humanismus, mit dem die Dardennes ihre eigene Form von Filmkunst seit jeher definieren und es bereits – anders als viele weitere Filmemacher – während ihrer filmischen Entwicklungsprozesse pflegen, einen klaren, zutraulichen Blick auf das Publikum zu richten. Mit „Zwei Tage, eine Nacht“ haben die Brüder nun, schenkt man dem allgemeinen Kanon Glauben, ihren absoluten Siegeszug abgeliefert. Ob es wirklich ihre beste Arbeit ist, lässt sich letztlich nur anhand subjektiven Maße auswerten, ein meisterhaftes Lehrstück in Sachen Menschlichkeit und Solidarität sowie der Beweis, dass die Dardennes keinesfalls im eigenbrötlerischen Gebaren ausharren, sondern am offenen Dialog interessiert sind, ist „Zwei Tage, eine Nacht“ definitiv geworden.

Sandra (Marion Cotillard, „Der Geschmack von Rost und Knochen“) hat gerade einen Aufenthalt in der Psychiatrie hinter sich, Depressionen waren der Grund dafür. Ihren Job in einer mittelständischen Firma in der belgischen Provinz möchte sie dennoch nicht fallenlassen, doch durch ihr krankheitsbedingtes Aussetzen wurde dem Chef des Unternehmens deutlich gemacht, dass ihre Arbeitskraft eigentlich entbehrlich ist. Nun aber wird es wirklich perfide: Damit sich Sandra wieder als fester Teil im Arbeitskosmos sehen darf, muss sie ihre Kollegin davon überzeugen, auf eine fürstliche Prämie von eintausend Euro zu verzichten; der Batzen Geld, welcher den Mitarbeitern aufgrund ihrer abgeleisteten Überstunden eigentlich zusteht. Dass viele von ihnen das Geld natürlich dringend benötigen, steht außer Frage, doch wie schnell kann sich sich das soziale Gewissen freisetzen, wenn das Existenzminimum einer immer noch labilen Mutter von zwei Kindern auf dem Spiel steht, auf der anderen Seite aber ein Haufen Mammon wartet? Die Rigidität des Neoliberalismus schlägt zu.

Aber „Zwei Tage, eine Nacht“ ist nicht daran interessiert, die kapitalistischen Härten im mitteleuropäischen Raum zu veranschaulichen, sondern heftet sich an Sandra, die von Haus zu Haus tingelt und dadurch auch immer einen Blick hinter die bürgerliche Fassade erlaubt, in der das Dasein und damit auch die privaten Verhältnisse und Möglichkeiten ihrer Mitarbeiter offenbart. In einer Szene wünscht sich Sandra, mit einem Vogel tauschen zu können, der unbeschwert auf einem Ast hockt und seine fidele Melodie zwitschert. Sandra kämpft da nicht nur um das Wohl ihrer Familie, tapfer angetrieben von ihrem Ehemann Manu (Fabrizio Rongione), sie versucht auch ein Gefühl von Selbstachtung zurückzuerlangen, welches ihr ob der persönlichen Rückschläge verlorengegangen scheint. Immer wieder zieht sie sich zurück, schluckt Xanax und scheint zuweilen kaum die Kraft zu besitzen, aus dem Bett zu steigen. Wie Marion Cotillard alle Hollywood-Maniersmen ablegt und sich anstandslos in das ungekünstelte Universum der Dardennes einfügt, zollt von wahrer schauspielerischer Größe.

Wiederholt muss sich Sandra von ihren Kollegen anhören, dass sie sich doch bitte in ihre Situation versetzen soll. In diesem Satz beginnt der solidarische Aspekt der Handlung, der sich motivisch durch den Film zieht: Solidarität erfordert eben auch einen immensen Grad an Empathie und genau dieser schiebt der demokratische Wahlakt, den der Chef der Firma angezettelt hat, einen Riegel vor, wie sich an den ebenfalls ständig in den Raum geworfenen „Wie viele Stimmen hast Du denn schon?“ herauskristallisiert. Hier wird keine Gemeinschaft mobilisiert, kein Unterfangen, in dem die eine Hand die andere wäscht, sondern nur der Drang nach Zugehörigkeit, um am Ende nicht alleine dazustehen und den Groll seiner Mitmenschen auf sich zu ziehen. Die pseudodokumentarische Aufmachung, episodisch in naturalistische Plansequenzen zergliedert, führt den Film in die formale Reduktion, schärft die Sichtweise auf Sandra und ihre Überzeugungsarbeit. Dass es am Ende weniger darum geht, sein Ziel in die Tat umzusetzen, sondern wieder ein neues Selbstwertgefühl zu erlangen, ist da nur folgerichtig: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Fazit

Jean-Pierre und Luc Dardenne inszenieren mit „Zwei Tage, eine Nacht“ ihre nächste humanistische Großtat und können sich auf die hervorragende Darbietung von Marion Cotillard verlassen, die als um Selbstachtung ringendes Nervenwrack formidabel durch den hochspannenden Film führt. Ein Muss für jeden, der menschliches Kino in seiner puren Kraft schätzt.

Kritik: Pascal Reis

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