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Quelle: themoviedb.org
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Inhalt

Auf dem Gipfel seiner "Midlife-Crisis" wird der Filmschulabsolvent Stefan Keller aus finanzieller Not gezwungen einen Nebenjob anzunehmen: als anonymer "Jugendherberge-Tester" reist er durch die verschneite vor-weihnachtliche Schweiz. Der Beginn einer Irrfahrt: Keller sucht verzweifelt nach einer brauchbaren Geschichte in den 2000 Seiten Drehbuch-Notizen seines Spielfilmdebüts, kämpft um seine gescheiterte Beziehung mit Christina und wird durch Zufallsbekanntschaften mit der Frage nach dem Sinn seines Daseins konfrontiert.

Kritik

Sturkopf oder Idealist? Trotteliger Taugenichts oder heimlicher Held? Das Wesen von Stefan Keller lässt sich nicht zweifelsfrei bestimmen. Sein eigener Vater hätte wohl eine prompte Antwort auf den Lippen, fällt es ihm doch sichtlich schwer, die positiven Eigenschaften seines Sohnes aufzuzählen. Und auch Stefans Freundin hat ihm gegenüber eindeutig Position bezogen, an der nicht einmal ein von Herzen kommender Brief etwas ändern kann. So wird Stefan von seinen Mitmenschen in eine Schublade gesteckt und kämpft an einsamer Front um den Idealismus in sich.

Die schweizer Filmschaffenden Andy Herzog und Matthias Günter laden den Zuschauer in ihrem ersten Langfilm Wintergast auf eine selbstkritische Reise in das Innenleben ihres Protagonisten ein. Die Figur des Stefan Keller könnte dabei für die beiden nicht zugänglicher sein, handelt es sich doch um einen ehemals erfolgreichen Filmemacher in der Schaffenskrise. Die Tatsache, dass Andy Herzog neben seiner Funktion als Regisseur und Drehbuchautor auch die Hauptrolle übernahm, unterstreicht darüber hinaus den Eindruck eines dokumentarischen Selbstportraits. Unweigerlich drängt sich das Bild von Herzog und Günter auf, wie sie, dem Hauptcharakter ihres Films ähnlich, in den Notizen ihrer vorherigen Werke stöbern und letztendlich auf die durch aufmerksame Introspektion gespeiste Idee der Selbstreflexion stoßen.

Wintergast zelebriert seinen Titel wahrlich trostlos und still, genau so, wie er uns in den Ohren klingt. Unter dem schwarz-weißen Deckmantel des Films ziehen nebelige, kältestarre Schweizer Berglandschaften am Zugfenster des schläfrigen Wirrkopfs Stefan Keller vorbei. Er reist als ewiger Gast von einer Jugendherberge zur anderen und testet sie heimlich mit den berühmt-berüchtigten weißen Handschuhen im Gepäck auf Sauberkeit und Qualität. Dabei ist er so in sich selbst und seine Lebenskrise vertieft, dass ihn die seltenen kurzen Begegnungen mit anderen Menschen nahezu aus dem Konzept bringen. In dieser feierlichen, vorweihnachtlichen Ruhe wirken die besinnlichen Dialoge auf Schweizerdeutsch wie Lichtblicke, die allzu schnell vorüber ziehen. Nicht spurlos, aber einen Hunger nach mehr hinterlassend. Die Dialoge fügen sich zwar nahtlos in das Lebensgefühl von Stefan Keller, lassen aber an feinsinniger Zuspitzung vermissen. Einen tiefen Eindruck hinterlässt hingegen die Rezitation der Türhüter-Geschichte von Franz Kafka vor der dumpf vorbeiziehenden Kulisse der winterlichen Gebirgsketten. Hier spiegelt sich die Atmosphäre des Films in Reinform wieder.

Die sorgfältig eingesetzte Schwarz-Weiß-Ästhetik und der tragikkomische Unterton von Wintergast provozieren Erinnerungen an Jan Ole Gersters Oh Boy oder Alexander Paynes Nebraska. Im ersteren findet sich die Krisenthematik wieder, im letzteren die Rahmenhandlung eines Roadtrips. Durch seinen etwas schematisch-dokumentarischeren Stil und eine wesentlich meditativere Erzählweise grenzt sich der Schweizer Film auch deutlich von ihnen ab. Er verlässt sich vorzugsweise einmal mehr auf die metaphorische Kraft der Bilder und lässt Stefan Keller gedankenverloren aus einem Fenster schauen oder irritiert Müslibrocken aus der Milch fischen, als den Fokus auf den zwischenmenschlichen Austausch zu legen. Symptomatisch hierfür ist auch die Begebenheit, dass er den einzigen Menschen, mit dem er zumindest in der Tätigkeit eine Gemeinsamkeit findet, knapp verpasst. In dieser konsequenten Innnenschau des verlassenen, mit sich ringenden Menschen liegt die originelle Leistung des Films, die dem Zuschauer eine differenziertere Sicht auf den Protagonisten ermöglicht, als sie von dem verärgerten Vater oder der frustrierten Freundin eingenommen wird.

Fazit

Die Schweizer Filmproduktion "Wintergast" ist eine andächtige und verträumte kleine Tragikkomödie, die ihren Hauptcharakter auf einen Selbstbesinnungstrip schickt. Die sparsam eingesetzten Dialoge bestärken dabei das Bild einer sensiblen Innenschau des Individuums. Auch wenn der Funke nicht gänzlich überspringen kann, wartet der Film mit atmosphärischen Glanzmomenten auf, die durch berauschende Aufnahmen vorbeiziehender Schweizer Berglandschaften unterstützt werden. Ein meditatives, zartes Stück Kunstkino.

Kritik: Jonas Göken

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