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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Sechs Durchreisende werden in dem Südstaaten-Kaff Pleasant Valley spontan zu Ehrengästen dessen 100-Jahres-Feier. Euphorisch werden sie von den betont gastfreundlichen Einwohnern empfangen und bemerken dabei zu spät, was genau dort eigentlich gefeiert wird und was ihre Rolle dabei sein soll…

Kritik

„There’s a story you should know,

From a hundred years ago,

And a hundred years we’ve waited now to tell

Now the Yankees come along,

And they’ll listen to this song,

And they’ll quake in fear to hear this rebel yell!

Yeeeee-Hawwwwww – the South’s gonna rise again!“

Mit dieser (tatsächlich sogar selbstgeschriebenen) Südstaaten-Provinz-, Banjo- und Latzhosen-Hymne eröffnet Genre-Legende Herschell Gordon Lewis (The Wizard of Gore) seinen inzwischen zum Klassiker avancierten Grindhouse-Heuler Two Thousand Maniacs!, mit dem der rastlose Workaholic und Cheap-Filmer seinem Ruf als „Godfather of Gore“ mehr als gerecht wurde. Zum damaligen Zeitpunkt grenzüberschreitend hoch zehn und selbst heute noch so radikal und genussvoll dabei, dass es dieser Film selbst nach über 50 Jahren und bei der aktuell allgemein sanften Brise der FSK noch nicht zu einer von ihr abgesegneten Freigabe geschafft hat.

Von seinem Regiedebüt anno 1961 bis zu seinem selbstgewählten Karriereende 1972 (mit Ausnahme des verspäteten Fan-Service-Sequels Blood Feast 2: All U Can Eat im Jahr 2002) brachte er es auf unfassbare 35 (!) Regiearbeiten, allein 1967 waren es 6 Filme. Da kommt nur noch Jess Franco (Vampyros Lesbos) mit. Das geht natürlich nicht mit einem gehobenen Qualitätsanspruch von statten und eines sollte dem potenziell interessierten Zuschauer vorher klar sein: Mit niveauvoller Filmkunst bekommt man es hier nicht mal ausversehen zu tun. Aber eigentlich egal, das dürfte selbst jedem der hier wunderbar-herablassend als debile Hillbillies überzeichneten Blitzmerkern nach spätestens 10 Minuten aufgefallen sein. Wäre der in Pennsylvania geborene Gordon Lewis selbst aus dem Süden, man könnte es Selbstironie nennen. So, nun ja…Satire darf halt fast alles.

Satirisch ist Two Thousand Maniacs! von Anfang bis zum Ende, wenn auch ganz bestimmt nicht auf die subtile und intellektuell-hochwertige Weise. Der springt dir mit dem nackten und vermutlich nicht gründlich abgewischten Arsch frontal ins Gesicht und lässt dabei noch einen fahren, bei dem Land mitkommt. Rein nüchtern, objektiv und formell betrachtet ist dieser schnell runtergedrehte und auf pure Provokation durch Exzess gepolte Schund eine einzige, skurrile Fehlerkette. Handwerklich mit kaum zu erklärenden Aussetzern, allein beim Schnitt kommt es zu selten gesehenen Kuriositäten (ohne Bewegung landet jemand vom Stehen im Sitzen und überholt dabei sogar die Tonspur, grandios). Dazu kommen ein irrwitziger Dialoge-Salat und sonderbar-komische Szenen zu Hauf. Mindestens ein Drittel des Humor-Potenzials ist definitiv nicht – oder zumindest nicht SO – geplant, was dessen Effektivität aber eher zuträglich ist als schadet. Wenn du gar nicht mehr trennen kannst, ob das jetzt fast schon brillante Absicht oder den Umständen geschuldeter Wahnsinn ist, dann wird es doch erst richtig interessant und spaßig.

Belegt und definitiv kein Zufall sind die teilweise bizarren Darstellerleistungen. Die als Statisten gebuchten Dorfbewohner des Drehortes wussten gar nicht, in was für einem Wüterich sie da auflaufen und waren hinterher wohl ziemlich verärgert darüber. Eine Sache. Den Vogel schießt aber Hauptdarstellerin und Ex-Modell Connie Mason ab (spielte schon bei Blood Feast mit, man war also eigentlich gewarnt). Herschell Gordon Lewis sagte selbst, dass er an ihrer Unfähigkeit verzweifelte. Sie konnte weder einen Text ablesen (!), noch wusste sie sich in einer für sie völlig herausforderungslosen Szene (sie steht eigentlich nur neben ihrem männlichen Partner, während der redet) auch nur annährend passend…zu bewegen. Die Szene wurde unzählige Male wiederholt und selbst im fertigen Werk sieht das so aus, als hätte man einer Demenzkranken Amphetamin gegeben und ein Eichhörnchen in den Schlüpfer gestopft. Irre. Was furchtbar klingen mag macht dabei ziemlich viel Laune, auch weil das a) dem Film extrem viel Charme und Entertainmentpotenzial beschert und b) er immer noch einen echt mutigen, radikalen Sauhaufen des Drive-In-Kinos vergangener Tage darstellt.

Kaum zu glauben, was 1964 (dort galten selbst die Werke der HAMMER-Studios als schwer jugendgefährdend) für eine sadistische und gleichzeitig schellmische Sauerei abgefeiert wird. Haben bestimmt einige spontan aus dem Seitenfenster gekotzt. Heutzutage mag das verträglich sein – obwohl immer noch ziemlich fies und explizit -, damals quasi unzumutbar und mit Alleinstellungsmerkmal. Herschell Gordon Lewis mag kein genialer, nicht mal ein richtig guter Filmemacher gewesen sein, aber ähnlich wie z.B. ein William Castle (Schrei, wenn der Tingler kommt) war er ein kluger Kopf und letztlich prägende Figur des Kinos, die seiner Zeit weit voraus war. So wie Two Thousand Maniacs! theoretisch kein richtig guter Film ist, praktisch dafür wahnsinnig unterhaltsam und rückwirkend betrachtet gar sogar wichtig; filmhistorisch (stellvertretend für das Schaffen seines Regisseurs) irgendwie unverzichtbar.

„Jetzt werd‘ ich mir ´ne Katze fangen und etwas Spaß haben!“


Fazit

Klemmbrett-Cineasten, die auf abhakbare Makellosigkeit in Form und Inhalt erpicht sind dürfen diese oftmals unbeholfene Sause des schlechten Geschmacks gerne in Ablage S für „Scheiße“ einsortieren, das bietet sie zweifelsohne auch selbst an. Freunde des abwegigen B-Movies aus der Entpuppungs-Phase des modernen Kinos, als es noch echte Grenzen zum Ausloten gab und positiv-fanatische Kino-Guerillas einfach mal Genie und Wahnsinn in den Schnellkochtopf warfen, die sollten sich an „Two Thousand Maniacs!“ zumindest mal versuchen. Zum Rantasten empfiehlt sich sogar tatsächlich das 2005-Remake „2001 Maniacs“, das diesen Film gut verstanden hat und das Ganze unmissverständlich recht heiter, dafür auch zünftig angeht.  

Kritik: Jacko Kunze

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