MB-Kritik

Stars at Noon 2022

Romance, Drama, Thriller

Joe Alwyn
Benny Safdie
John C. Reilly
Margaret Qualley
Danny Ramirez
Nick Romano
Robin Duran
Sebastian Donoso
Stephan Proaño
Monica Bartholomew
Hector Moreno
Carlos Serrano

Inhalt

Eine junge US-Journalistin  (Margaret Qualley) verfällt im von politischen Unruhen geplagten Nicaragua einem enigmatischen Engländer (Joe Alwyn), mit dem sie eine gefährliche Flucht plant. Doch bald wird ihr klar, dass er in noch größerer Gefahr schwebt als sie selbst. 

Kritik

Früher waren Revolutionäre so sexy“, klagt in Claire Denis’ (35 Rum) tumber Abenteuerromanze die hilflose Protagonistin (Margaret Qualley, Maid). In Denis Johnsons (Hit Me) Romanvorlage ist sie namenlos (was definitiv besser ist als ihr Filmname Trish) und Journalistin: für Johnsons das gleiche wie Prostituierte. Wie sollten Reporterinnen ihre Ermittlungen machen, wenn nicht mittels Sex? Dankbar für jede Chance, die triviale Story mit Softcore-Sex zu füllen, pflegt die französische Regisseurin die sexistischen Abziehbilder und ergänzt sie durch eigene kolonialistische Eroberungsphantasien. 

Der Schauplatz ist Nicaragua, aber die artifiziellen Kulissen, stereotype Statisten und wirrer politische Kontext schreien Bananenrepublik: eines jener Länder, wo ständig Revolution ist, das Wetter heiß ist und die Revolutionäre noch heißer. Jedenfalls auf einem Foto junger Che-Guevara-Verschnitte, zu dem Trish sehnsüchtig blickt, während sie beim Sex mit einem Polizei-Lieutenant (Nick Romano) erwähntes Zitat seufzt. Die Objektifizierung exotisierter Männer, deren spanische Namen falsch auszusprechen kulturelle Überlegenheit signalisieren soll, wird als Emanzipation verkauft. 

Jene Szene bündelt den drögen Mix aus Chauvinismus, Rassismus, imperialistischer Herablassung und westlicher Ignoranz des Wettbewerbsbeitrags. Der will ein erotischer Thriller sein, ist aber tatsächlich das Kino-Pendant einer Schund-Schnulze aus der Bahnhofsbuchhandlung. Trish findet in dem Engländer Daniel (Joe Alwyn, Conversations with Friends) einen ethnisch passenden Partner („Du bist so weiß!“) für schmachtende Blicke, zweideutige Bar-Gespräche und die gemeinsame gefahrvolle Flucht. Während der ist immer Zeit für einen Schmusetanz zum Titelsong dieses filmgewordenen erotisierten Reaktionismus.

Fazit

Was muss eine Regisseurin tun, um es in den Wettbewerb eines notorisch diskriminierenden Festivals zu schaffen? Claire Denis macht es vor mit ihrer schwülstig in schlecht gespielte Szenen gesetzten Abenteuer-Affäre über die erotischen Eskapaden einer sich ihres knappen Kleidchens bei jeder Gelegenheit entledigenden Auslandskorrespondentin. Obzwar Masken und Covid-Tests eine Aktualisierung der nichtigen Handlung vorgeben, romantisieren das abfällige Frauenbild, der politische Paternalismus und die normalisierte Xenophobie eben jene ignoranten Ideologien, die den Wettbewerbsjahrgang prägen.

Autor: Lida Bach
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