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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

23. Juli 2018. Ein wichtiges Datum für die ehemalige FEMEN-Vorsitzende Oxana Chatchko: die Eröffnung ihrer Ausstellung blasphemischer Ikonen. So beginnt ein Tag voller Streifzüge durch Paris. Zwischen Treffen mit Liebhabern und einem Kunstkritiker sowie einem Termin zur Bestätigung ihres politischen Flüchtlingsstatus tauchen Erinnerungen an ihre Vergangenheit als feministische Aktivistin und die Traumata und Verrätereien, die sie während ihres Kampfes erlitten hat, wieder auf. Kann sie ihre Lebenslust wiederentdecken?

Kritik

“When the legend becomes fact, print the legend.” Das Zitat aus The Man Who Shot Liberty Valance klingt nicht nach einem wahrscheinlichen Motto für ein Biopic über die umstrittenen Titelfigur Charlène Faviers (Slalom) historiographischen Porträts. Das imaginiert den letzten Tag im Leben Oxana Shachkos. Die ukrainische Aktivistin spielte neben Anna Hutsol und Alexandra Shevchenko offiziell die Rolle einer der vorgeblichen Gründerinnen der radikalen SWERF-Gruppierung Femen. Tatsächlich stand hinter der Vereinigung ein Mann, der über seine weiblichen Untergebenen als „schwach“ und „bitches“ sprach. 

Victor Svyatski agierte als Femens Begründer lange im Dunklen. Svyatski rekrutierte Frauen - nahezu ausschließlich normschön, jung, gutbürgerlich und weiß - die er bei Populismus-Aktionen mit nacktem Oberkörper auftreten ließ. Svyatskis Ziele waren zweierlei: “To get girls”, wie er nach seiner Enttarnung in einem Interview zugab, und Feminismus. Die von der Regisseurin mit Antoine Lacomblez (My Sweet Pepper Land) und Diane Brasseur verfasste Handlung jedoch zeigt trotz des Verweises auf „wahre Begebenheit“ nicht Femens Gründung, sondern selbstpropagierten Schöpfungsmythos. Der beginnt passend mit einer mystifizierenden Szene.

Als Kind begeht Oxana nachts unter freiem Himmel einen christlichen Feiertag und verkündet ihrer Mutter, sie wolle Gott heiraten. Ein Sprung zum 23. Juli 2018 zeigt Oxana (blass: Albina Korzh) als Kunststudentin in Paris. Ausführliche Rückblenden illustrieren ihre Jugendjahren in Kiev, wo sie mit den gleichgesinnten Freundinnen Lada (Lada Korovai) and Anna (Oksana Zhdanova) Femen gründet. “Unsere Mission? Revolte! Unser Gott? Frauen! Unsere Waffen? Unsere Brüste!”, ruft Oxana, die mit wachsender barbusiger Anhängerinnen-Schar gegen Korruption, Ungleichbehandlung von Frauen und Putin protestiert. 

Weder das brutale Einschreiten der Polizei noch gewaltvolle Drohungen können sie abschrecken. Doch als Anna die Führungsposition ergreift, zersplittert die Gruppe. Oxana sieht ihren Traum als Femen-Führerin gescheitert und beendet ihr Leben. Die ausführliche Abbildung des lautstarken Putin-Protests suggeriert, Femen sei einem politischen Freiheitskampf verschrieben. Die Wahrheit sieht anders aus. Tatsächlich sind die bevorzugten Angriffsziele der Femen Sexarbeitende, Musliminnen und Pornos. Nacktheit ist verpönt, solange sie nicht ihrer Agenda dient. Dann ist sie obligatorisch. Ehemalige Mitglieder berichteten vom Druck, sich bei Protesten auszuziehen. 

Nichts davon taucht in der Handlung auf. Diese Auslassung wiegt umso schwerer, da die toxischen Strukturen, Doppelmoral und bürgerlich-konservative Moralin Shachkos psychischen Zustand beeinflusst haben dürften. Doch aufrichtiges Interesse für Leben und die Persönlichkeit der Protagonistin ist nie ersichtlich. Shachkos früher Tod dient der Verklärung der Gruppe, die mit ihr ihre eigene Jean D‘Arc erhält. Auch die übrigen Mitglieder bleiben seelenlose Hüllen, die beim Protestieren stets eine gute Figur machen. So ist Faviers melodramatische Ikonographie wahrhaft kongenial - im schlechten Sinne. 

Fazit

Die reale Geschichte der umstrittenen Vorkämpferinnen eines weißen, kolonialistisch-klassistischen Feminismus entstammt geradewegs der „can’t make this shit up“-Kategorie. Das dachte sich augenscheinlich Charlène Favier. Die französische Regisseurin propagiert die populäre Gründungslegende der Femen, deren Entwicklung, Agenda und Methoden nie kritisch reflektiert werden. Der Wechsel zwischen sonnig-warmer Rahmenhandlung in Paris und kalt-tristen Rückblenden nach Kiev vermittelt das Bild eines rückständigen Osteuropa und eurozentrischen Ideals. Der sentimentale Plot ist voll solcher subtiler Stereotypisierung, welche die neo-konservative Bigotterie des manipulativen Märtyrerinnen-Märchens verraten. 

Kritik: Lida Bach

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