Fans von Monstern, Bestien und Ungeheuern haben es nicht leicht. Im Grunde teilen sie das gleiche Schicksal wie Zombiefans. Sie bekommen zwar regelmäßig filmischen Nachschub, brauchen aber ein dickes Fell. Denn richtig gute Werke wie beispielsweise The Descent, Cloverfield oder The Host sind rar gesät und häufig muss man sich durch jede Menge schwacher bis mittelmäßiger Produktionen kämpfen, um die kleinen monströsen Genre-Perlen ausfindig zu machen. Trotzdem ist die Hoffnung bei jedem neu erscheinenden Monsterfilm groß. So auch bei Orang Ikan, einem von Mike Wiluan (Motel Melati) inszenierten Werk, das bereits bei diversen Filmfestivals gezeigt wurde und hierzulande im Rahmen der am 08. Mai (2025) startenden Fantasy Filmfest Nights über die Kinoleinwände flimmern wird. Grund genug also, den Film einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Wir schreiben das Jahr 1942, der Krieg im Pazifik ist gerade in vollem Gange. Ein japanisches Schiff voller Kriegsgefangener, ein sogenanntes Höllenschiff wird von alliierten Streitkräften angegriffen und versenkt. Aber es gibt Überlebende. Zwei Soldaten, ein japanischer (gespielt von Dean Fujioka, Fullmetal Alchemist) und ein britischer (verkörpert durch Callum Woodhouse, Raven's Hollow) werden von der See an den Strand einer tropischen Insel gespült. Die durch den Krieg zu Feinden gemachten Männer fangen, nachdem sie wieder zu sich kommen, sogleich an, miteinander zu kämpfen. Doch noch während ihres Kampfes müssen sie erkennen, dass auf der Insel irgendeine furchterregende Kreatur haust. Ein gefährliches Monstrum, dem einer allein nicht gewachsen ist. Um am Leben zu bleiben, bleibt ihnen nur die Zusammenarbeit. Andernfalls sind sie dem Tode geweiht.
Sind wir mal ehrlich, einen Innovationspreis bekäme Orang Ikan definitiv nicht verliehen. Dafür erinnert die Geschichte, die uns hier erzählt wird, zu sehr an eine Mischung aus dem 1985 veröffentlichten Science-Fiction-Streifen Enemy Mine und zahlreichen Filmen, bei denen Menschen an abgelegenen Orten auf ein fieses Monstrum treffen. Sprich Werke wie den Kultklassiker Predator, dessen copycat DNA mit Mark Dacascos oder den eher unbekannten Sweetheart, mit dem sich Orang Ikan gleich eine ganze Reihe an Storyelementen teilt. Dass Mike Wiluan, der hier nicht nur Regie führte, sondern zudem noch das Drehbuch schrieb, auf ausgetretenen Pfaden wandert, muss aber per se erst einmal kein Beinbruch sein. Schließlich erfanden ein The Descent oder ein Predator das Rad ebenfalls nicht neu und selbst ein überaus einflussreicher Meilenstein wie Ridley Scotts Alien hat seine geistigen Vorläufer.
Allerdings verstanden es deren Verantwortliche, die Stärken der zugrunde liegenden Szenarien gekonnt herauszuarbeiten und das Ganze darüber hinaus mit einigen neuen bzw. interessanten Aspekten anzureichern. Etwas, das Orang Ikan nur bedingt von sich behaupten kann. Denn Wiluan betreibt hier vorrangig ein simples Malen nach Zahlen. Dazu kommt, dass er Storyelemente wie die Sprachbarriere oder die Feindschaft der beiden Hauptfiguren kaum für sich zu nutzen weiß. Während die Annäherung der Protagonisten von Enemy Mine ein Prozess ist, der einiges an Zeit in Anspruch nimmt, geht der Beziehungsaufbau in Orang Ikan deutlich schneller bzw. einfacher vonstatten. Und dies, obwohl die Hauptfiguren in Wiluans Werk nicht einmal dieselbe Sprache sprechen. Allgemein stellt die Sprachbarriere für die Kommunikation kein allzu großes Hindernis dar, was schade ist, denn daraus hätte man unter Umständen ebenfalls mehr machen können.
Womit Wiluans Film hingegen zu begeistern weiß, ist seine grandiose Naturkulisse, die mit Wasserfällen, rauschenden Bächen sowie dichter, saftig grüner Vegetation auftrumpfen kann. Wer von den in Hollywood geradezu typisch gewordenen Greenscreen-Hintergründen die Nase gestrichen voll hat, für den dürfte Orang Ikan über Weite strecken hinweg so etwas wie ein Urlaub für die „digital-geplagten“ Sinne darstellen. Doch es ist nicht nur das exotische Setting, das Freude bereitet. Auch die Spezialeffekte sehen für einen Film dieser Preisklasse zumeist erfreulich gelungen aus. Gerade der anfängliche Angriff auf das Höllenschiff, dessen Kulissen übrigens ebenfalls sehr stimmungsvoll rüberkommen, schaut überzeugend aus. Gleiches gilt für die wenigen, dafür aber teils saftigen Gewalteinlagen, die sich über die kurze Laufzeit von knapp 80 Minuten verteilen. Da darf schon mal ein Kopf ab- oder ein Herz herausgerissen werden. Womit dann auch die Brücke zum monströsen Antagonisten geschlagen wäre.
Von wem oder was bei Orang Ikan die Gefahr ausgeht, wird durch den Filmtitel im Grunde bereits impliziert. Denn Orang bedeutet Mensch, wohingegen Ikan laut Google so viel wie Fisch heißt, ergo ein Fischmensch. Und als solcher lässt das Kreaturendesign eine gewisse Ähnlichkeit zur Creature from the Black Lagoon erkennen. Nur verfügt das hiesige Wesen über ein deutlich fieseres Gebiss. In etwa so wie in dem spaßigen 80s-Exploitationer Das Grauen aus der Tiefe. Das mag zwar vielleicht nicht sonderlich originell erscheinen, ist dafür aber umso charmanter. Insbesondere deshalb, da wir es bei dem humanoiden Fisch nicht mit einem animierten Pixelhaufen zu tun haben, sondern mit einem Menschen im Gummikostüm. Richtig schön retro eben. Was bislang noch gar nicht zur Sprache gekommen ist, sind die schauspielerischen Leistungen.
Diese gehen bei allen Beteiligten (es sind ja kaum mehr als eine Handvoll) so weit in Ordnung. Fujioka und Woodhouse machen einen vernünftigen Job, allerdings sind ihre Figuren alles andere als gut ausgearbeitet, weswegen man letztlich um einiges weniger mitfiebert, als es einem lieb wäre. Mehr als "Charakter-Schablonen" vom Reißbrett erwarten uns hier nämlich nicht. Fujioka darf zudem neben seinen Schauspielfähigkeiten noch ein wenig seine Martial Arts-Skills demonstrieren. Ob das nötig gewesen wäre bzw. zum Film passt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Gleiches gilt für eine übertrieben rührselige und zu lang geratene Schlussszene. Orang Ikan mag kein zukünftiger Horrorklassiker sein, bietet aber solide Genrekost, die zwar inhaltlich keine echten Akzente setzen kann, dafür jedoch recht schnörkellos vorgetragen ist. Wer an artverwandten Werken wie The Deep Dark, The Lost Tribe oder The Lair seine Freude hatte, wird wohl auch mit Orang Ikan Spaß haben.