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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

1944 wird Elsa Tabori (Pauline Collins) von der ungarischen Geheimpolizei im von den Nazis besetzten Budapest verhaftet. Zusammen mit 4000 anderen Juden wird sie in einen Zug eingepfercht und soll in ein Vernichtungslager transportiert werden. In einem kleinen Grenzort wird ein Zwischenstopp eingelegt, weil auf einen anderen Zug umgestiegen werden muss. Während der Wartezeit trifft Frau Tabori auf Kelemen (Heribert Sasse), einen alten Bekannten ihres Mannes, der empört ist, auch die Frau seines ehemaligen Gönners hier zu sehen. Von Kelemen wachgerüttelt, fasst sich Elsa Tabori ein Herz und stellt den verantwortlichen SS-Offizier wegen ihrer Verhaftung zur Rede. Mit List und Mut gelingt ihr die Rückkehr in die Heimatstadt.

Kritik

Das Gestöhne ist oft mehr als deutlich zu vernehmen, wenn der unendlichunderste deutsche Film über die Zeit des Nationalsozialismus auf den Leinwänden erscheint und Belehrung und Warnung zugleich sein möchte. Ist die Schuld der Vätersväter eines jeden Deutschen fast schon in der DNA der Jugend angelangt, ist das Dritte Reich gefühlt jedes Jahr Thema im Geschichtsunterricht, laufen auf bestimmten TV-Sendern sogenannte Dokumentationen rauf und runter und gibt es dann auch noch jedes Jahr mehrere Filme, die sich mit bestimmten Schicksalen unter den Opfern auseinandersetzen, dann ist die Übersättigung des Rezipienten nicht weit. Dann ist Erholung gefordert - und nicht nur von der Länge des vorangegangenen Satzes! Doch wie lässt sich jener Zuschauer überzeugen, einem weiteren deutschen Film über die NS-Zeit eine Chance zu geben? Dieser Text will es versuchen, denn Michael Verhoevens Film Mutters Courage ist mitnichten ein weiterer gewöhnlicher Film über den Holocaust.

Das beginnt schon in der Genre-Zuordnung des Films. Ganz grob betrachtet ist der Film natürlich ein biographisches Werk und eine Geschichtsstunde. Doch man stelle sich eine Geschichtsstunde vor, die von seinem absoluten Lieblingslehrer geleitet wird. Ein Lieblingslehrer, der - hoffentlich können Sie, lieber Leser, dabei auf tatsächliche Erinnerungen zurückgreifen - jedes noch so trockene oder wiederholte Thema mit Witz, Charme und Emotion dennoch frisch und anders verkaufen kann. Ein Lehrer, dem man einfach gerne zuhört, weil er etwas in einem bewegt. Ein Lehrer, dessen Fach man mögen möchte, weil man ihn einfach mag. Es ist tatsächlich eine absolute Seltenheit, die Michael Verhoeven und sein Team hier auf die Beine gestellt haben. Allen voran George Tabori, der legendäre Theatermacher, der sich hier in der Rolle des Narrators selbst spielt und auf dessen Theaterstück das Drehbuch von Verhoeven basiert. Die beiden haben nämlich nicht nach Erlaubnis gefragt, tasten sich nicht vorsichtig voran, sondern trauen es sich einfach: Sie bringen Slapstick-Humor in eine Geschichte, die sich mit dem Holocaust und der Deportation von ungarischen Juden beschäftigt.

Michael Verhoeven erzählt hier mit einer schwebenden Leichtigkeit die Geschichte von Taboris Mutter Elsa (dargestellt von Pauline Collins), die sich von den Nazis selbst 1944 nicht einschüchtern lässt. Stattdessen lebt sie ihr Leben wie selbstverständlich weiter, lässt sich doch davon ihre Stimmung nictht vermiesen und schreitet durch die Straßen, als würde die Sonne ihr Gemüt streicheln. Natürlich geht Verhoeven ganz sicher, dass der Zuschauer niemals den Ernst der Lage aus den Augen verliert, indem er immer wieder auf Originalaufnahmen zurückgreift, von Goebbels, Hitler und KZ-Aufsehern, die ihre Hände nach dem Krieg rein waschen wollen. Dennoch handelt es sich bei diesem Film auch um eine Komödie und das ist überaus bemerkenswert. Die verzweifelte Rettungsaktion von Bekannten wird dabei unterbrochen, weil dem einen ein Fahrrad über den Fuß fährt und er eine Pause braucht und dann auch noch Kreislaufprobleme bekommt. Mutter Elsa weiß zwar um den Ernst der Lage, aber es wäre doch gelacht, wenn sie nur wegen der ollen Nazis nicht weiter ihre Kartenspiele genießen könnte.

Hier und da erinnert der Humor des Streifens fast schon an jenen aus Forrest Gump, die Weise der Erzählung ebenso. Einerseits besteht die Mischung aus pointiertem und drolligem Humor, für den wohl am besten der seltsame Begriff des „durch den Kakaoziehens“ passt. Andererseits aber inszeniert Verhoeven immer wieder enorm tragische Szenen. Die Sortierung der Juden am Bahnhof zum Beispiel, wenn unzählige Menschen in kleine Waggons gepfercht werden, wo sie dann gerne auch endlich ihre Notdurft verrichten dürfen. Die Verbrechen der Nazis werden mit lähmender Direktheit gezeigt; die Verschleppungen, Vergewaltigungen und die schematische und fast schon mechanische Ermordung von Menschen. Wahrscheinlich müsste man es als Ding der Unmöglichkeit abtun, einen Film über ein solches Thema mit Humor fertigzustellen. Und tatsächlich scheint man hier und da eine gewisse Unsicherheit von dem Filmemachern erkennen zu können. Unsicherheit dahingehend, dass dieser Film ein Wagnis ist, das nur knapp an Verherrlichung grenzt, es aber tatsächlich nie so weit kommen lässt. Und das zeugt von einem großes Talent des Regisseurs.

Fazit

Mit „Mutters Courage“ hat Michael Verhoeven einen wahrlich bemerkenswerten Film abgeliefert. Die Existenz des Werkes allein ist schon beeindruckend, dass sein Konzept dann auch noch derart gut funktioniert, grenzt fast schon an ein Wunder. Wer von den immergleichen Kriegsdramen langsam aber sicher genug hat, der beachte Verhoevens Film und Taboris Geschichte. Altbekanntem neue Seiten abzugewinnen ist doch schließlich das, was Filme so oft wirklich interessant machen kann.

Kritik: Levin Günther

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