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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Als wolle sie ihre eigenen Grenzen austesten, verstrickt sich die alleinstehende Literaturprofessorin Frannie Thorstin in eine riskante sexuelle Affäre mit einem Cop, der den grausamen Mord an einer jungen Frau in ihrer New Yorker Nachbarschaft untersucht. Schon bald wächst ihr Misstrauen gegenüber den Motiven jedes Mannes, mit dem sie je Kontakt hatte - und gegenüber ihren eigenen.

Kritik

Verstohlene Blicke, angestautes und schließlich wild entfachtes Verlangen sowie Eindrücke, die das Bewusstsein trügen und manipulieren, sind bestimmende Motive in Jane Campions (Das Piano) Romanadaption In the Cut. Schon die anfänglichen Bilder, mit denen die neuseeländische Regisseurin den Handlungsort New York in Szene setzt, haben wenig mit den gewohnten Impressionen der belebten Millionenmetropole gemeinsam, die andere Filmemacher üblicherweise kreieren wollen. Das New York in diesem Film erstrahlt als verwinkeltes, eingezäuntes Reich der Träume und Schatten, in dem sinnliches Begehren und erotische Fantasien an einer hauchdünnen Grenze zwischen grausamen Abgründen entlang verlaufen. Exemplarisch hierfür steht eine Szene, in der die Englischlehrerin Frannie während einer Verabredung mit einem ihrer Schüler die Toilette im Keller der Bar aufsuchen will. In dem unheimlichen Gewölbe wird sie Zeuge davon, wie ein im Dunkeln verborgener Mann von einer Frau oral befriedigt wird, deren Gesicht die Protagonistin ebenfalls nicht erkennen kann. 

Was Frannie erkennt, ist die kleine Tätowierung am Handgelenk des Mannes, die aus einem Pik-Symbol über der Zahl 3 besteht. Ein weiteres Mal fällt ihr die Tätowierung auf, als sie diese bei einem Detective erkennt, der kurze Zeit später nach dem Vorfall, der die Frau sichtlich in Erregung versetzt hat, im Treppenhaus vor ihrer Wohnung auf sie wartet. In ihrem Garten sei der Teil einer Frauenleiche gefunden worden, die brutal ermordet und anschließend zerstückelt wurde. Schnell stellt sich heraus, dass es sich bei der Frau um dieselbe Person handelt, die Frannie zuvor mit dem ominösen Mann im Schatten beim Oralverkehr in der Bar beobachtet hatte. Auch wenn die Protagonistin umgehend Zweifel gegenüber dem Mann hegt, den sie aufgrund seiner Tätowierung als möglichen Täter verdächtigt, ist sie von diesem Detective Malloy ebenso fasziniert wie abgestoßen und lässt sich immer stärker auf ihn ein. 

Die verführerische Aura des von Mark Ruffalo (The Kids Are All Right) exzellent zwischen rauem Chauvinismus und sensibler Offenheit gespielten Detectives wird zugleich zum Sinnbild für Frannies unterdrückte Gelüste, die sich scheinbar in Malloy manifestieren. Überhaupt entsprechen die Figuren in Campions Film weniger konkret greifbaren Menschen als vielmehr Projektionsflächen, in denen die Regisseurin entgegengesetzte Charakterzüge spiegelt oder die sie als Blockaden begreift, an denen die tieferen Wesenszüge der Hauptfigur abprallt. Dabei entspricht Frannies Halbschwester Pauline, zu der sie ein inniges Verhältnis pflegt, deutlich ihrer eigenen sexuell unersättlichen, wilderen Seite, wenn die ihr dazu rät, unbedingt ein sexuelles Verhältnis mit dem Detective einzugehen. Der frustrierte Ex-Freund, der regelmäßig in Frannies Nähe auftaucht, und ein afroamerikanischer Schüler der Lehrerin, der genauso vehement um ihre Aufmerksamkeit buhlt, stehen wiederum für jenen Typ Mann, der Frannie als Frau sowie ihre dazugehörigen Bedürfnisse nicht verstehen und daher von Campion immer wieder wie unangemessene, unerwünschte Fremdkörper in die Handlung eingestreut werden.

Dass die eigentliche Rahmenhandlung rund um den psychopathischen Serienkiller, der ausschließlich Frauen tötet und zerstückelt, mit erotischen Anleihen aus der komplizierten Gefühlswelt der weiblichen Hauptfigur kombiniert wird, führt zu einem bewusst unebenen, ruppigen Erzählrhythmus. Nichtsdestotrotz wird In the Cut gerade deshalb von einer ungewöhnlich faszinierenden Atmosphäre durchzogen, für die Campion hitzigen Sex und Momente voller verdichteter Emotionen mitunter in Szenen übersetzt, in denen die Bilder an ihren Rändern in einen verschwommenen Unschärfebereich übergehen. Besonders markant ist dabei, dass die Regisseurin den leidenschaftlichen, erotischen Momenten mit einer ähnlichen Sinnlichkeit begegnet wie den abscheulichen Bildern von Tatorten, an denen sich inmitten blutüberströmter Räumlichkeiten abgetrennte Körperteile verbergen. So entsteht der Eindruck eines in sich verschlungenen Traumlabyrinths, in dem Campion feministische Untertöne aufgrund der strikt weiblichen Perspektive mit düsteren Genre-Elementen des Crime-Thrillers kreuzt, um den Betrachter gleichermaßen vor den Kopf zu stoßen wie zu betören. Vor den Kopf gestoßen fühlt sich schlussendlich auch Frannie im Finale des Films, wenn sie erkennen muss, wie sie im Zuge ihres überbordenden Verlangens von der eigenen Wahrnehmung getäuscht wurde und ein letztes Mal auf ein finsteres Abbild ihrer tiefsten Abgründe trifft.

Fazit

Mit der Kombination aus hitzigem Erotik-Thriller, einem streng feministischen Blickwinkel sowie geradlinigen Genre-Elementen des Kriminalfilms erscheint Jane Campions „In the Cut“ zunächst als erzählerisch holpriges Experiment. Getragen wird der Film allerdings von einer ebenso irritierenden wie betörenden Atmosphäre, die den Handlungsort New York als schummrig strahlendes Reich der abgründigen Begierde, unerfüllten Sehnsüchte und manifestierten Albträume schildert. In diesem begegnet die Hauptfigur im Verlauf der seltsam verschlungenen Handlung Projektionsflächen und Abbilder ihrer eigenen unterbewussten Gefühle und Ängste, wobei sie nur durch die Überwindung dieser zu klarer Selbsterkenntnis gelangen kann.

Kritik: Patrick Reinbott

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