{{ tweet.login }}

{{{ tweet.body | format }}}

Wird geladen...

×
×

Erwähnungen

×

Benachrichtigungen

Quelle: themoviedb.org

Verfügbar auf

Maxdome Netflix Amazon prime Disney Disney plus

Inhalt

1989 kurz vor der Wende: Berlin-Kreuzberg SO36 ist ein Szene-Kneipenviertel in dem Frank (Christian Ulmen) (von seinen Freunden "Herr Lehmann" genannt) als Barkeeper arbeitet. Auch seine Freizeit verbringt er im gleichen Umfeld, der vielfältigen (und stets eher heruntergekommenen) Kneipenlanschaft seines Viertels. Diese Grenzen überschreitet er nie, denn schon das benachbarte Kreuzberg 61 oder gar die DDR ist "feindliches" Ausland.Der Film begleitet Herr Lehmann und seine Freunde durch einige Tage Ihres Lebens. Eigentlich passiert nicht viel, doch Herr Lehmanns geruhsames Leben wird nach und nach von immer mehr Störungen durchzogen; sei es der Besuch der Eltern, die unglückliche Liebe zur Köchin Katrin, ein mysteriöser Kristallweizen-Trinker oder sein plötzlich verrückt werdener bester Freund Karl (Detlev Buck) stören die Idylle.
  • Vwzgrzvkxj5hllr3kadvizlbgdk
  • Wvyelse3j2iptqkbnsvwpjhshch
  • Jt5n6eyauajjhtsbcz2btxfgoo6
  • N0r9fbj9h8bqmbpkjpgevx8eykk
Quelle: themoviedb.org

Kritik

Mit seinem Debütroman Herr Lehmann gelang dem in Bremen geborenen Wahl-Berliner und Element of Crime-Frontmann Sven Regener 2001 ein ungeahnter Erfolg. Der titelgebende Protagonist Frank Lehmann, welcher in seiner Biografie unverkennbar autobiographische Züge des Autors trägt, wurde zum roten Faden einer bis heute fünf Romane umfassenden Serie, von der bis heute außerdem noch Neue Vahr Süd und Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt verfilmt wurden. Für dieses Auftaktwerk verfasste Regener direkt auch das Drehbuch, die Regie übernahm Leander Haußmann (Sonnenallee). Obwohl der Film an den Kinokassen keine berauschenden Umsätze einfuhr und kommerziell sogar als waschechter Flop bezeichnet werden muss, viel das Feedback der Kritik deutlich positiver aus. Beim Deutschen Filmpreis wurden z.B. Detlev Buck (Männerpension) als bester Nebendarsteller und Sven Regener selbst für das beste Drehbuch ausgezeichnet.

„Du musst doch was essen. Denk an die Elektrolyte.“

1989 ist die Welt im Umbruch und eigentlich befindet sich Frank (Christian Ulmen, Maria, ihm schmeckt‘s nicht!) – von allen nur Herr Lehmann genannt (in Kombination mit „du“, was ihn furchtbar aufregt) – genau im Epizentrum dieses historischen Bebens, aber wie sein komplettes Umfeld nimmt er gar keine Notiz davon. Im Kiez von Kreuzberg ticken die Uhren eben anders. Zumindest wenn man wie Frank nicht nur am Wochenende dort mal einen drauf macht und sonst unter der Woche ein relativ normales Leben führt, sondern seinen Alltag dort irgendwie - wahrscheinlich mehr oder zufällig - integriert hat. In einer der vielen Szenekneipen arbeitet er dort hinterm Tresen und schwankt in der Regel erst in dem kurzen Zeitfenster nach Hause, in denen selbst diese Gegend mal kurz zu schlafen scheint. Oder nur zum Duschen oder Heimscheißen vor dem Frühschoppen die eigenen vier Wände aufsucht. In diesem torkelnden Schwebezustand befindet sich seine gesamte Existenz eigentlich seit Jahren und Frank kommt damit bisher doch ganz gut über die Runden. Ist ja lustig das Ganze, machen wir uns nichts vor. Verantwortung nur so viel wie man unter diesem zum Normalfall gewordenen Extremzustand gerade noch so wuppen kann, eine Menge netter oder wenigstens recht unterhaltsamer Menschen um einen herum, immer mindestens leicht einen sitzen und so lange keine ernsthaften Probleme auftreten geht alles so seinen Gang. Kann man mal machen. Mal. Aber irgendwann folgt der große Wendepunkt zwangsläufig, egal wie sehr man ihn bisher erfolgreich durch Ignorieren hinauszögern konnte.

Der Film folgt dabei keinem stringenten Plot, er kreist eher episodenhaft um und durch diesen Mikrokosmus mit Herrn Lehmann als fixen Dreh- und Angelpunkt. Beobachten zwischen Tresen-Philosophie und (meist) theoretischen Lebensweisheiten den Alltag uriger Figuren, die alle an einem gewissen Punkt in ihrem Leben eindeutig hängen geblieben sind und längts nicht mehr in der Lage oder des Willens, sich aus diesem klebrigen Spinnennetz zu befreien, das dadurch Fluch und Segen zugleich ist. Bestimmt können sie viele zumindest zum Teil in einer oder gleich mehreren davon wiederfinden, immer unter der Prämisse, man hätte sich irgendwann nicht weiterentwickelt. Herr Lehmann ist so was wie eine Coming-of-Age-Sackgasse voller Oldtimer, für die es schon keine Ersatzteile mehr zu geben scheint, um sie nochmal richtig in die Spur bringe zu können. Für Frank ist es kurz vor zwölf und so langsam wird ihm das auch gewahr, auch wenn er sich das nie zugestehen würde. Um ihn herum finden entscheidende Veränderungen statt: Er muss sich vor seinen Eltern rechtfertigen (was er noch halbwegs elegant umschifft), eine ernsthafte Beziehung mit Katrin (Katja Danowski, Ganz nah bei Dir) will irgendwie nicht zustande kommen und an dem psychischen Kollaps seines besten Kumpels Karl (Detlev Buck) wird ihm unmissverständlich vor Augen geführt, dass dieses Leben eindeutig eine Grenze besitzt. Alles kurz vor seinem 30. Geburtstag und jenem Tag im November, als eine andere Grenze mit einem Ruck eingerissen wurde.

Herr Lehmann ist in seinen besten Momenten ein ganz hervorragendes Zeit- und vor allem Szeneportrait mit wunderbar verschrobenen Figuren, die trotz gewisser Überzeichnungen nicht zu Karikaturen verkommen. Es wird sich nicht über sie lustig gemacht, nur ihre kauzigen Eigenarten humoristisch aufgearbeitet. Das ist nicht immer wirklich authentisch, aber nie weit entfernt von der Realität. Manchmal sogar etwas zu verspielt, das mag man dieser herzlichen Traumtänzer-Collage aber verzeihen aufgrund seiner überwiegend starken Präsentation. Der Cast ist famos und zwischen Lachen, Kopfschütteln und ernsthaft berührenden Situationen liegen oft nur Wimpernschläge. Faszination und Mahnung überwiegen nicht, niemals wertend oder belehrend: Herr Lehmann ist neben einer Ode an den Kiez und seine Gestalten vor allem ein Film über die Freundschaft und die Dinge, die im Leben wirklich wichtig sind. Egal, was da draußen gerade passiert. Wichtig ist auf’m Platz. Am Ende verliert sich trotzdem natürlich alles im Trouble des Mauerfalls. Alles auf Reset? Mal gucken. Oder um den Film direkt zu zitieren:

-„Das sollte man sich mal ansehen.“

-„Erstmal austrinken.“

Fazit

Eine liebevolle Szenestudie, die zwischen Leichtfüßigkeit und Anspruch genauso hin und her schwankt wie die meisten seiner Figuren. Das passt dahingehend perfekt, da es genau das Für und Wider dieses Lebens reflektiert. Den Spaß und die Unbeschwertheit auf der einen Seite, den Frust und Enttäuschung auf der anderen Seite, wenn man sich mal gewahr wird, dass man seit Jahren nur auf der Stelle tritt. Das alles geschieht sehr unverkrampft, ohne dabei seine Relevanz einzubüßen. Solche wie selbstverständlich erscheinenden Drahtseilakte sind besonders kompliziert und darum nicht genug zu loben.

Kritik: Jacko Kunze

Wird geladen...

×