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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Nach einem Flugzeugabsturz stranden einige junge Militärkadetten auf einer einsamen Südseeinsel. Ohne Hoffnung auf schnelle Rettung, verzweifelt und voller Furcht halten die Jungs zunächst fest zusammen. Doch je besser sie in ihrem Inselparadies zurecht kommen, desto stärker brechen Gegensätze und Machtkämpfe untereinander auf. Schließlich spalten sie sich in zwei cliquen: Ralph, der Anführer der einen Gruppe, tritt für zivilisiertes Verhalten und Solidarität ein. Jack hält davon gar nichts. Er sammelt um sich eine Horde barbarischer Jäger, die am Ende sogar einen Krieg gegen Ralph entfesseln, einen alles vernichtenden Kampf zwischen Gut und Böse...

Kritik

Das Gelingen dieses Filmes basiert darauf, dass es Regisseur Peter Brook (Stunden voller Zärtlichkeit) nicht für nötig hält, dem Geschehen eine ausführliche Vorgeschichte darzubieten. Stattdessen entsteht die Exposition aus markanten Bildern, die die englischen Schüler, ein Flugzeug und eine Schlechtwetterfront zeigen. Dazu wabert ein Unheil verkündendes Trommeln auf der Tonspur – und wenige Sekunden später befinden wir uns bereits auf der unbewohnten Südseeinsel, auf der sich die sechs bis zwölfjährigen Überlebenden nun um sich selbst kümmern müssen. Im Roman des Nobelpreisträgers William Golding war es noch ein Atomkrieg, der den Flieger aus Evaluierungsgründen in die Lüfte schickte. In der Romanverfilmung aus dem Jahre 1963 scheint es weniger um eine hintergründige Distinktion als um das Geschehen selbst zu gehen: Im Handeln der Kinder spielt sich der Film ab.

Sicherlich ist es ein Stück weit befremdlich mitanzusehen, wie die Kinder und Präpubertierenden hier mit einer gewissen Souveränität auftreten, die jedes Flehen nach den Eltern ausschließt. Interessant allerdings bleibt auch Herr der Fliegen unter diesem Standpunkt, wenn man ihn als Kindergeschichte versteht, die sich jedweder erwachsenen Position entzieht. Zu Anfang ist da noch ein gesellschaftliches Echo, welches durch die Reihen der Neuinsulaner hallt: Kultur und Zivilisation führen zu dem Anspruch, ein demokratisches System zu etablieren. Also wird ein Anführer gewählt, es werden Aufgaben verteilt, es wird ein Regelkatalog erstellt. Und wo die zivilisierte Domestizierung der englischen Schüler den Anschein erweckt, dass ein gemeinsames Bestehen möglich wäre, selbst mit einer verhältnismäßig klaren Hierarchie, so ist Herr der Fliegen doch vielmehr eine politische Parabel, die das Hervorwachsen totalitärer Systeme beschreibt.

Die Gruppendynamik sieht sich von Beginn an durch den renitenten Jack (Tom Chaplin) gestört. Er war bereits Anführer des Chors und musste sich in der Abstimmung um den Posten des Leaders gegen den gutmütigen Ralph (James Aubrey, Spy Game – Der finale Countdown) geschlagen geben. Als verhaltenspsychologische Studie mag die Verfilmung des Literaturklassikers zwar nicht unablässig in die urwüchsigen Tiefen der menschlichen Natur vordringen, der Film allerdings gibt einen überaus trefflichen Eindruck davon, wie verschieden die Menschen agieren, wenn sie realisieren, dass die Gesetze ihrer Sozialisation außer Kraft gesetzt worden sind. Aus einer freiheitlich bestimmten Rangordnung entwickelt sich ein Diskurs über das in jedweder Form von Hierarchien eingeschriebene Gewaltpotenzial. Ralph bleibt diplomatisch, versucht zu vermitteln, während Jack sein eigenes Team bildet – quasi eine verwilderte Gegenbewegung.

Die involvierten Charaktere werden auf das Wesentliche ihres Daseins heruntergebrochen: Den Überlebensdrang. Es geht um Instinkte, um Triebe. In dem Moment, in dem die Kinder ihre Schuluniformen ablegen, scheint die Natur über die Dressur gewonnen zu haben. Machtgefüge werden von nun an nicht mehr im Plenum bestimmt, sondern ekstatisch ausgelebt. Nachdem das Gerücht die Runde macht, dass es auf der Insel eine Bestie geben soll, die sich des nachts auf der Jagd befindet, gibt sich die Dramaturgie hinter Herr der Fliegen der Eskalation frei: Von nun an bestimmen Rivalität, Opportunismus, Angst und Tod das Geschehen. Das Abenteuer einer Horde Schüler wird zur Tragödie. Natürlich gibt es auf dieser Insel eine Bestie, allerdings lauert sie nicht im Dickicht des Dschungels, sondern im inneren Kreis der Flugzeugbrüchigen. Sie war schon immer dort.

Fazit

Gut gespielte, größtenteils gekonnt verkürzte Adaption des gleichnamigen Weltliteraturklassikers. Theaterregisseur Peter Brook versteht es, das Geschehen kontinuierlich zu verdichten, erzählt gerne über die Kraft der Bilder, dringt natürlich nicht in die verhaltenspsychologische Tiefe, wie es der Roman tut, inszeniert aber immer noch einen packender Diskurs über das Entstehen totalitärer Systeme und die Wehrlosigkeit der eigenen Natur gegenüber.

Kritik: Pascal Reis

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