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Quelle: themoviedb.org
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Trailer

Inhalt

"Wenn dein Vater sich nicht mehr an dich erinnert, hört er dann auf, dein Vater zu sein?" Sieben Tage nach einem harmlosen Unfall erwacht ein Mann in einem Bett neben einer Frau, die er nie zuvor gesehen hat. Im Spiegel fällt sein Blick auf ein Gesicht, das er zum ersten Mal in seinem Leben zu sehen glaubt. Innerhalb weniger Sekunden sind die ersten 45 Lebensjahre dieses Mannes ausgelöscht worden - für immer. In den 18 Jahren seit jenem schicksalsträchtigen Autounfall hat sich ein neuer Mensch entwickelt: Er nennt sich "New Richard", trennte sich von seiner Familie und fängt zusammen mit einer neuen Freundin ein neues Leben an, weit weg von seiner alten Existenz. Der Filmemacher Rick Minnich ist der älteste Sohn von "Old Richard". Viele Jahre nach dessen "Neustart" begibt er sich auf die Reise zurück in die Heimat und in die Vergangenheit seines Vaters.

Kritik

Auf den ersten Blick ist der persönliche Dokumentarfilm von Rick Minnich und Matt Sweetwood über Minnichs Vater Richard eine Chronik über die familiären Auswirkungen von Amnesie. Keine außergewöhnliche Ausgangssituation angesichts der Häufigkeit der Diagnosen Alzheimer und Demenz. Doch im Fall von Richard Minnich liegen die Dinge nicht so eindeutig, wie es der zentrale Charakter Richard Minnich wohl gerne hätte. Nach einem Autounfall 1990 kann sich der Familienvater an nichts mehr erinnern. Trotzdem fasst er neuen Lebensmut und beginnt noch einmal von vorne. Über diesen Neuanfang will sein Sohn Rick eine Doku drehen. Eine dieser aufmunternden Geschichten von Tapferkeit und Ehrgeiz, wie sie in den Medien gern verbreitet werden. Dann tut Ricks kleiner Bruder Justin, wozu jüngere Geschwister prädestiniert scheinen: er bringt Chaos in alles, was sich Rick schön zurechtgelegt hat. 

Vielleicht hat er von der ganzen Scheiße gehört, die er gemacht hat, bevor er seine Erinnerung verloren hat, und wollte sich einfach nicht damit herumschlagen“, sagt Justin. Scheiße? Rick gräbt nach, in der Familiengeschichte und wohl auch in den eigenen verschütteten Jugenderinnerungen. Das Bild vom liebevollen, fürsorglichen Familienvater Richard bekommt hässliche Risse. Durch sie blickt ihn ein Fremder mit den Gesichtszügen seines Vaters an. Er sagt eines Tages, Rick solle aufhören, ihn Vater zu nennen. Er sei „der neue Richard“. Dem neuen Richard bedeuten seine Kinder und seine komplette Vergangenheit nicht mehr als die Erzählungen in einem Geschichtsbuch. So sagt er selbst. In ihrer packenden Reportage dringen Rick Minnich und Sweetwood zu einer Wahrheit vor, die verstörender ist als eine neurologische Diagnose. Immer tiefer führt Minnichs filmische Suche in die Abgründe einer vertraut geglaubten Seele. Was er findet, wirft nicht nur sein dokumentarisches Konzept über den Haufen, sondern sein persönliches Bild der eigenen Familie. 

Suspekte Teile aus Richards Biografie fügen sich langsam zu einem Mosaik. Richard behauptet, Dinge neu erlernen zu müssen, die er offenkundig problemlos beherrscht. In seiner Vergangenheit liegt vieles, für das er sich verantworten müsste: moralisch und strafrechtlich. Kurz bevor seine Schuld ihn einholt dann ein verhältnismäßig harmloser Unfall. Danach weiß Richard von nichts. Eine medizinische Ursache finden die Ärzte nicht. Vielleicht lautet Richards Diagnose einfach Arschloch. Er sah seine Chance für etwas gekommen, was sich viele wünschen: noch einmal von vorn anzufangen. Die juristischen und familiären Vorwürfe könnte er einfach abschalten wie ein Radio, das immer den gleichen nervigen Song spielt. Für jemanden, der keine Gewissensbisse kennt, ein rein formeller Schritt. Dank des Autounfalls konnte Richard ihn ungeniert machen. Oder liegt die Wahrheit in einer psychologischen Grauzone? Eine psychogene Amnesie kann ohne physische Ursachen durch psychischen Stress entstehen. Wird persönliche Schuld gemindert, wenn der Schuldige sich an seine Handlungen nicht erinnert? Die Antworten liegen in der Psyche der Protagonisten verborgen.

Fazit

Minnichs differenzierte Familienchronik vermittelt eindrucksvoll, wie es ist, wenn die eigenen Eltern einen nicht mehr kennen oder nicht kennen wollen. Der Filmtitel bezieht sich auch auf das Vergessen der alles dominierenden Vaterfigur, zu der Richard für seine nächsten Angehörigen wurde. 

Kritik: Lida Bach

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