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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Ein neues Videospiel kommt auf den Markt. Es nennt sich "eXistenZ" und wird mit Hilfe einer organisch aussehenden Spielkonsole gespielt, die man über einen künstlichen Eingang im Rückenmark, einen so genannten Bioport, am eigenen Körper anschließt. Beim Spielen kommt man so in eine absolut real erscheinende Parallelwelt. Die Schöpferin dieses Spiels, Allegra Geller, ist zum absoluten Superstar der Szene aufgestiegen. Zusammen mit dem Grünschnabel Ted Pikul findet sie sich in ihrem Spiel wieder. Wobei nicht klar ist, was Spiel und was Wirklichkeit ist.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Was würde passieren, wenn Du feststellen müsstest, Teil eines Spielsystems zu sein, bei dem du selbst die geringste Gewalt über deine Entscheidungen besitzt, obwohl dir dein Bewusstsein das genaue Gegenteil suggeriert. Würdest Du versuchen, deinem (unsichtbaren) Käfig zu entkommen, um eine (womöglich) höhere Instanz zur Rechenschaft zu ziehen, oder genügt dir letzten Endes die Illusion von Freiheit? Dieser Themenkomplex, der in seiner Quintessenz die Beschaffenheit des freien Willens untersucht, gehört zu den Leitmotiven im Schaffen des kanadischen Masterminds David Cronberg (A History of Violence). Vor allem in seinen sogenannten Body-Horror-Werken konfrontierte er den Zuschauer immer wieder auf äußerst suggestive Art und Weise mit der These, dass das formbare Fleisch gleichwohl einen Rückschluss auf den formbaren Geist zulässt.

In Videodrome wurde dieser Topos über die (Ohn-)Macht der Unterhaltungsmedien angesprochen, was David Cronenberg simultan dazu in meisterhafter Fasson für einen Diskurs über die Macht der Wahrnehmung an und für sich nutzte. eXistenZ setzt in gewisser Weise genau dort an, baut den visionären Gedankenstrom des Regisseurs allerdings noch ein gehöriges Stück weiter aus. Das titelgebende Spiel, welches auf einer Idee der Softwareentwicklerin Allegra Geller (Jennifer Jason Leigh, The Hateful Eight) basiert, stellt eine Revolution für die Gaming-Kultur dar: Die eigentliche Konsole, hier vielmehr ein gummiartiger Klumpen Nervengewebe, wird mittels Bioport, ein Anschluss, der in den Rücken des Spielers gebohrt wird und so an deren Nervensystem gekoppelt ist, aktiviert. Das Verbindungsstück dafür gleicht einer überlangen Nabelschnur. Einmal angeschlossen, erlebt der Spieler den formvollendeten Eskapismus.

Während sich die Körper in der echten Welt regungslos verhalten, scheint der Geist des Spielers geradewegs in den Avatar des Games selbst übergegangen zu sein. Folgerichtig spielt man in eXistenZ auch sich selbst und muss einige dramaturgische Kniffe berücksichtigen, um von Level zu Level zu kommen. Allegra selbst behandelt ihre Schöpfung nicht mehr nur wie eine technische Erfindung, sondern hat eine derart intensive Bindung zu ihrer Konsole aufgebaut, dass man glauben könnte, eXistenZ würde einem Kinderersatz gleichen. Kein Wunder also, dass sich Ted Pikul (Jude Law, Dom Hemingway) äußerst irritiert ob all der Vorkommnisse zeigt und nur widerwillig einstimmt, sich unter Schmerzen und Lähmungserscheinungen selbst einen Bioport legen zu lassen. David Cronenberg war hier vor allem daran interessiert, die Areale und Ebenen unseres Realitätsempfinden zu analysieren. 

Wie so häufig lässt sich in eXistenZ ein (populär-)wissenschaftlicher Grundstock entdecken, der sich vor allem mit der stetig wachsenden Relevanz digitaler Medien und deren Auswirkung auf die Gesellschaft beschäftigt. Vorrangig das pathologische Suchtverhalten wird  deutlich, wenn sich Allegra, wie erwähnt, um ihre Gewebekonsole wie ein Neugeborenes kümmert. Die philosophische Komponente allerdings ist es, die aus eXistenZ eine wahrhaft und wahnhaft furiose Meditation über die Deformierungsmöglichkeiten unserer Realität erhebt. eXistenZ, das Spiel, offeriert dem Spieler die Chance, er selbst zu bleiben, sich aber jedweder Verantwortung zu entziehen, indem er sich in einen virtuelle Kosmos begibt, in der alles so realistisch erscheint, dass die Wirklichkeit vollkommen überflüssig wird. Womöglich auch aus dem Grund, weil unser irdisches Dasein keinen Sinn ergibt. Keinen Sinn ergeben kann. Und dort wird der Verlust von Konsequenzen zum Schlüsselreiz.

Im Prinzip stellt David Cronenberg mit eXistenZ einen Lösungsvorschlag in Aussicht, mit dem die Welt zu einem friedlichen Ort heranreifen könnte: Nämlich, wenn sich alle Menschen in die Tiefen der virtuellen Welt begeben und in der Wirklichkeit als starre Hüllen vor sich hin vegetieren. So verkopft sich David Cronenberg hier in seinen stofflichen Anlagen auch geben mag, der Mann zeichnet sich, trotz aller Komplexität, durch sein ungemein geschmeidiges, dem Genre-Kino entlehnten Storytelling aus, was wohl auch dem Umstand anzurechnen ist, dass Cronenberg nicht nur das satirische Potenzial seiner Geschichte aufleben lässt und so gekonnt humoristische Spitzen in sein Narrativ einwebt. Die derben Analogeffekte, für die Cronenberg seit jeher mit seinem Namen einstand, sind auch in eXistenZ allgegenwärtig und akzentuieren weitergehend: Wenn das Fleisch formbar ist, ist es auch der Geist.

Fazit

David Cronenbergs Schauwerte unterliegen keinem Selbstzweck, sondern fungieren als notwendige Bausteine immerzu sinnig zur Thematik. "eXistenZ", an den Kinokassen gnadenlos baden gegangen, ist die satirisch-komplexe Abhnaldung mit unserer Wahrnehmung und hinterfragt gezielt, wie wandelbar die Strukturen unserer Realität wirklich sind. Die Protagonisten tauchen dafür in eine Art alternatives Koma und folgenden dem Reiz der Freiheit, um sich selbst zu fragen: Wie viel reelle Scheinpräsenz verträgt unser Bewusstsein?

Kritik: Pascal Reis

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