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Quelle: themoviedb.org
Big 202005449 9 rwd 890
  • 86 Min Drama
  • Regie
  • Drehbuch
  • Cast

Inhalt

Eine Schriftstellerin sadomasochistischer Literatur, mittlerweile über 70, erzählt ihre turbulente Lebensgeschichte – einmal als ihr Pseudonym und einmal als sie selbst. Was macht eine wahre Biographie aus, Realität oder Vorstellung?

Kritik

Bis auf die Cover einiger publizierter Erotik- / SM-Magazine sowie einigen Vintage Aufnahmen diverser, ausgefallener Sexstellungen verlässt die Kamera in Gustavo Vinagres (A Rosa Azul de NovalisDivinely Evil nie das Zimmer von Wilma Azevedo, eine inzwischen über 70 Jahre alte Autorin sadomasochistischer Literatur. Vinagres positioniert sie fast immer in das Zentrum des Bildes, manchmal huscht ihre Assistentin durch den Hintergrund. Die Kamera klebt förmlich an den Lippen von Wilma, welche ihre sexuellen Vorlieben zunächst fast wissenschaftlich durch das Schlagen auf das Handgelenk erklärt: Schlage man hart und lange genug, so würde der Schmerz bald dem Vergnügen weichen. Ab diesem Punkt ist Vinagres ungewöhnliches Porträt einer noch ungewöhnlicheren Frau noch zurückhaltend. Aber diese Distanz wehrt nicht lange. Wilmas Lebensgeschichte wird immer expliziter, abstrakter und wandelt sich irgendwann zur reinen Performance. 

Die Mischung aus Spiel mit eigener künstlerischer Identität, oraler Biografie und Zitationen mag zu Beginn noch relativ provokant und enthüllend anmuten, gibt sich jedoch bald als sehr verkopfte Farce zu erkennen. So intim und schonungslos dieser Blick in die SM-Welt auch sein mag, letztendlich fühlt sich Vinagre in der eigenen Provokation zu wohl. Wilma erzählt gleich zwei, sich widersprechende, Geschichten von ihrem ersten Orgasmus. Die erste (jedoch erfundene) handelt von einer, sehr grafisch zusammengefassten, Vergewaltigung. Hier habe sie zum ersten Mal die Verbindung zwischen Schmerz und Verlangen gespürt. Die zweite, diesmal wahre, Geschichte, gibt sich natürlich ziemlich harmlos. Ob erfunden oder nicht, Vinagre labt sich an Wilmas Beschreibungen und ist sich sehr bewusst, hier ein nicht-SM-vertrautes Publikum vor den Kopf zu stoßen. Als Ergebnis erweisen sich die Zeugnisse dieser, ohne Frage, sehr erfahrenen Frau als leider wenig brauchbar jenseitig des erzeugten Schocks. Den Tod von Wilmas Eltern in einem Unfall in etwa wird mit derselben Brutalität geschildert, wie alle sexuellen Fetische aus Wilmas Leben. Spätestens hier wird völlig unklar was Vinagre erreichen will, außer zu provozieren. 

Das tragischste an Divinely Evil ist sein ungenutztes Potenzial. Die Geschichte von einem von Wilmas vielen Partnern, der sich selbst als ultimative Erfüllung zu Tode foltern lassen wollte, hätte in etwa für einen profunden und aufrichtigen Blick in die menschliche Seele sorgen können. Durch Vinagres fehlgeleitete Rahmung aber fühlt sich auch diese Perspektive behauptet und nur auf reine Provokation getrimmt an. Doch statt, scheinbar erwünschten, Aufschreien schlägt Divinely Evil irgendwann in den blanken Konservatismus um. Vinagres nüchterne Inszenierung interessiert sich in Hinblick auf die Thematik nur für die Sensation, nicht für den Mensch oder menschliches Verlangen. Deswegen bleibt am Ende ein Werk das sich zwar von Erzählungen über Genitalien, Sexstellungen und Folterfantasien zur anderen hangelt, aber dennoch in einem Lager der reinen Prüderie landet.

Fazit

„Divinely Evil“ hätte mit einem sensibleren und intellektuelleren Blick auf das Leben einer Frau an der Grenze der Normen ein tiefschürendes Statement über die Beziehung zur eigenen Sexualität werden können, verblasst aber in seiner jetzigen Form zur reinen, provokanten Behauptung.

Kritik: Jakob Jurisch

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