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Inhalt

Vom Hasch kam sie zum Heroin. Die Sucht zwang sie auf den Strich zu gehen. Sie erlebte den Himmel und sie erlebte die Hölle. Christiane F.. Mit 14 Jahren hatte sie schon alles durchgemacht, was in der Szene los war. Mit 15 Jahren war sie am Ende. Rauschgift, die Droge, die vermeintlich "Freiheit" verschafft, bietet letztendlich doch nur Siechtum und Tod. Christiane F. schaffte den Ausstieg aus der Szene. Viele andere aber bleiben zurück und setzen sich eines Tages den letzten, den "goldenen Schuß". Sie sind noch Kinder und haben doch schon ihre ganze Zukunft verspielt.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Die vom „Stern“ 1978 publizierte Biografie Wir Kinder vom Bahnhof Zoo wurde zum erfolgreichsten Sachbuch der deutschen Nachkriegsgeschichte und Stand 95 Wochen in Folge auf Platz eins der Bestsellerliste des „Spiegel“. Bei ihren Recherchen in der Berliner Drogen- und Straßenstrichszene interviewten die Journalisten Kai Hermann und Horst Rieck die 15jährige Heroinsüchtige Christiane Felscherinow. Aus den geplanten zwei Stunden wurden zwei Monate und aus dem geplanten Magazin-Artikel ein ganzes Buch, das sich nun um das ganz persönliche Schicksal der ursprünglich so nie beabsichtigten Protagonistin drehte. In dem großen Überraschungserfolg sah der damals gerade 31jährige und noch recht unbeschriebene Bernd Eichinger (Der Name der Rose) viel Potential und begann bereits kurz nach der Veröffentlichung mit der Produktion einer Kinoadaption. Ein gewagtes Unterfangen, da schon das Buch zunächst von vielen Verlagen als nicht publikumstauglich abgelehnt wurde. Die filmische Umsetzung stand neben der Herausforderung aus einem Tatsachenbericht einen funktionellen Plot zu kreieren nun vor der schwierigen Aufgabe, dem Buch gerecht zu werden und somit genau das zu zeigen, was besonders in der deutschen Filmlandschaft sogar noch skandalöser war.

Eigentlich sollte Roland Klick (Bübchen) die Regie übernehmen und nach intensiver Vorbereitungsphase warf er erst zwei Wochen vor Drehstart das Handtuch, da es zum Streit mit den Produzenten kam. Als Ersatz wurde der unbekannte und mit Produktionen dieser Größenordnung völlig unerfahrene Uli Edel (Letzte Ausfahrt Brooklyn) mit ins Boot geholt. Das gesamte Werk stand auf sehr unsicheren Füßen und das Risiko war Eichinger und Co. hiermit eingingen immens. Bei seiner Premiere 1981 war der Aufschrei entsprechend groß, jedoch in alle erdenklichen Richtungen. Die Schonungslosigkeit des Gezeigten sorgte für hitzige Diskussionen und teilweise auch Kürzungen in anderen Ländern, manche Kritiken warfen dem Film reißerische Methoden, eine Heroisierung der Hauptfiguren (?) und die Glorifizierung der Drogenszene (??) vor, das positive Feedback war dafür besonders Jahre später jedoch um so eindeutiger. Vermutlich traf der Film seinerzeit wirklich völlig unvorbereitet (obwohl das Buch ja schon mehr als populär war) einen Nerv, mit dem man so nicht gerechnet hatte.

Zwar ist es etwas schade, dass wir nie erfahren werden wie der Film in Händen von Roland Klick ausgesehen hätte. Vermutlich blieb aber zumindest Einiges nah an seiner Vorstellung, so viel Zeit zum Umändern hatte Uli Edel ja nun nicht mehr. Und dieser liefert damit einen Einstand nach Maß, an dessen Qualität er später nie mehr heranreichen sollte. Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo ist eine schockierende und von unfassbarer Authentizität gezeichnete, beklemmend greifbare Szenestudie. Weit weg von den damals vereinzelten Vorwürfen der Heroisierung und Verharmlosung (wie lässt sich das in diesem Fall den bitte begründen?) zeigt der Film glaubhaft den Einstieg in die Drogensucht, heraufbeschworen durch emotionale und soziale Verwahrlosung. Zwar bekommt Christiane (wunderbare gespielt von der damals wirklich erst 14jährigen Natja Brunckhorst, Der Krieger und die Kaiserin) von ihrer – mehr oder weniger – alleinerziehenden Mutter die notwendige Grundversorgung plus materielle Wunscherfüllung im Rahmen ihrer Möglichkeiten (wie die Konzertkarte für David Bowie, der bei der Nachstellung seines Berlin-Konzerts 1976 auch auf der Leinwand zu sehen ist und praktisch den kompletten Soundtrack beisteuert), dass ihre Tochter immer mehr in den Sumpf aus harten Drogen und später sogar Prostitution abrutscht bemerkt diese aber nur zufällig, viel zu spät und reagiert ähnlich teilnahmslos.

Es ist eine Form der fürsorglichen Gleichgültigkeit. Das Kind bekommt was es will und kann machen was es will, solange man sich nicht intensiv mit ihm beschäftigen muss. Christiane sucht nach Zugehörigkeit und Geborgenheit. Orientierungslos taumelt sie als 13jährige durch das „Sound“ im West-Berlin der 70er (hervorragend visuell verdeutlicht) und schmeißt kurz nach dem Besuch des Kinobereichs und der Aufführung von Die Nacht der lebenden Toten ihren ersten Trip. Im unmittelbaren Anschluss sieht sie den ersten Heroin-Junkie auf der Toilette, hält ihn für tot, bis er ihr vor dem Club wieder begegnet. Die ganz persönliche Nacht der lebenden Toten war zunächst eine Abschreckung, aber sie ist von kurzer Dauer. Ein sich selbst überlassenes Mädchen sucht nach einem emotionalen Ankerpunkt, einem Idol oder nur einer Richtung und endet durch die vergessene Aufsichtspflicht von praktisch jeder Institution – von Elternhaus, über Schule bis Behörden - in der Sackgasse vom Bahnhof Zoo. Der Weg dahin wird nicht nur narrativ wie durch die bemerkenswerten Laiendarsteller jederzeit glaubhaft skizziert, es ist besonders die (eben keinesfalls reißerische) authentische, ungeschönt realistische Darstellung von Zeit, Ort, Umständen und kompromisslos dargebotenen Konsequenzen, die Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo damals so verstörend machten und heute rein gar nichts davon einbüßen ließen. Trotz seines abschreckenden Charakters wird nicht mit der pädagogischen Brechstange albernen Drogenaufklärungsversuche hantiert, dieser Film ist echt. Selbst wenn gewisse Dinge im Sinne der Dramaturgie gekürzt, verändert oder verschoben wurden, das spielt in dem Kontext keine Rolle. Seine Wirkung ist so direkt und real wie seine Geschehnisse. Da braucht niemand den erhobenen Zeigefinger und die Moral von der Geschichte. Sie wird dir an die Wand gekotzt und in den Hals gefixt.

Fazit

Eine bedrückende Odyssee durch ein persönliches Schicksal, das stellvertretend ist für so viele verwahrloste und vergessene Kinder aus einer gerne ignorierten Szene. Uli Edel und Bernd Eichinger gelingt das Kunststück, den literarischen Überraschungserfolg und Aufrüttler nicht kommerziell auszuschlachten, sondern ihn in seiner ganzen Schonungslosigkeit und deutlicher Klarheit ungeschminkt auf die Leinwand zu bannen. Das ist heftig, realistisch und aus heutiger Sicht ein unglaublich aussagekräftiges Zeitdokument obendrein.

Kritik: Jacko Kunze

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