6.7

MB-Kritik

Die Kairo Verschwörung 2022

Drama, Thriller

6.7

Tawfeek Barhom
Fares Fares
Mohammad Bakri
Makram Khoury
Mehdi Dehbi
Moe Ayoub
Sherwan Haji
Jalal Altawil
Ramzi Choukair
Samy Soliman
Ahmed Laissaoui
Hassan El Sayed
Amr Mosad
Mouloud Ayad
Ahmed Zaki
Abdulhamid Halaf

Inhalt

Für Adam (Tawfeek Barhom), Sohn eines einfachen Fischers, geht ein Traum in Erfüllung: Er erhält ein Stipendium für die renommierte Azhar-Universität in Kairo – das Epizentrum der Macht in der islamischen Welt. Als das Oberhaupt der Universität, der Großimam, plötzlich stirbt, beginnt ein Kampf um seine Nachfolge. Der dubiose Regierungsbeamte Ibrahim (Fares Fares) rekrutiert Adam als Informanten für den ägyptischen Geheimdienst und bringt ihn damit nicht nur zwischen die Fronten der religiösen und politischen Eliten des Landes, sondern auch in Lebensgefahr.

Kritik

Wer am Ende der quälend langen zwei Stunden, die sich Tarik Saleh (The Contractor) unausgegorene Mischung aus Jugenddrama und Spionage-Thriller im Wettbewerb von Cannes dahinschleppt, noch wach ist, wird zur Belohnung mit erhobenem Zeigefinger abgefragt. Was hat er (dass sich der schwedische Regisseur und Drehbuchautor der Existenz eines weiblichen Publikums überhaupt bewusst ist, scheint unwahrscheinlich) soeben in dem zähen Kommilitonen-Krimi gelernt? Die ostentativ ausformulierte Frage ist symptomatisch für den pseudo-pädagogischen Plakativität der paternalistischen Inszenierung.

Deren eigentliche Lektionen sind dramaturgischer Natur. Die Figuren sind auf den ersten Blick identifizierbare Stereotypen, die sich an den immer gleichen Schauplätzen treffen, um dort jedes Klischee ihres Typus zu bedienen. Der ehrgeizige Religionsschüler Adam (überfordert: Tawfeek Barhom, The Rhythm Section) ist der im doppelten Sinne gutgläubige Sohn eines analphabetischen Arbeiters, der Bildung und überhaupt Wissbegierde misstraut. Die Story bestätigt indirekt jene antiintellektuelle Haltung mit unübersehbar partriarchalischen Tendenzen, die sich nicht nur im auffälligen Mangel weiblicher Charaktere äußert.

Adams verstorbene Mutter ist die Ursache seiner Ambitionen, die ihn von dort wegführen, wo er vermeintlich hingehört. Im korrupten Kairo verlocken den frommen Protagonisten sogleich Dekadenz und Dogmatik, die mehr als Hand in Hand gehen. Adams Bettnachbar raucht und hört Heavy Metall, der potenzielle nächste Großimam ordert McDonald’s und Geheimagent Ibrahim (Fares Fares), der Adam als neuen Informanten rekrutiert, wählt als regulären Treffpunkt ein Starbucks-Pendant. Ohne die krude Message reichte es fast zur Satire.

Fazit

In seinem ungelenken Cannes-Wettbewerbsbeitrag setzt Tarik Saleh das Publikum auf die Schulbank, um ihm eine inhaltlich und ideologisch gleichermaßen krude Mischung aus Chauvinismus, Reaktionismus und Islamophobie zu füttern. Hölzerne Dialoge, absurde Verwicklungen, kindische Intrigen und in ihrer Unglaubwürdigkeit alberne Charaktere bringen die dröge Handlung nah an unfreiwillige Komik. Doch das Konstrukt einer Verflechtung sittenloser religiöser Fundamentalisten und mörderischer Geheimdienste, das die diffusen Ängste und Verschwörungstheorien einer rechtskonservativen Zuschauerschaft nähert, lässt sich nicht einfach weglachen.

Autor: Lida Bach
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