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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Hauptfigur des Films ist der Hausmeister einer psychiatrischen Anstalt, in der auch seine Frau untergebracht ist. Als eines Tages die Tochter zu Besuch kommt, um der Mutter von ihrer baldigen Verlobung zu berichten, löst dies eine Kettenreaktion aus und im Weiteren wird in Rückblenden die Familiengeschichte erzählt.

Kritik

Die Liste der wegweisenden Filmklassiker ist ellenlang. Selbst wenn man bloß Meilensteine des Horrorkinos in Anbetracht nimmt, wird man erschlagen ob der unendlichen Anzahl sehenswerter Werke. Doch sind derart Listen oft trügerisch; denn wegweisend bedeutet nicht gleichzeitig, dass ein Film auch die Zeiten gut überstanden hat. Oftmals sind Filme für heutige Sehgewohnheiten schlicht nicht mehr aufregend genug, obwohl sie zur Zeit ihrer Veröffentlichung sicherlich eine immense Wirkung auf das zeitgenössische Publikum hatten. Eine Seite des Wahnsinns, der international viel eher als A Page of Madness bekannt ist, zählt glücklicherweise zu den Filmen, die auch heute noch eine immense Wirkung auf sein Publikum haben - und das 92 Jahre nach seiner Entstehung. Der japanische Gruselfilm erzählt die Geschichte des Hausmeisters in einer Nervenheilanstalt. Seine Frau ist als Patientin in eben jener Einrichtung eingesperrt. Sein Boss ist quasi der Mensch, der über ihr Schicksal entscheidet.

Der Film orientiert sich stark an dem expressionistischen Stummfilm, jenem deutschen Export früherer Zeiten, der die ganze Welt beeindruckte. Und tatsächlich; dieser Film funktioniert einzig und allein über die hypnotisierende und schockierende Kraft seiner Bilder. Texttafeln, Untertitel und dergleichen gibt es hier nicht. Eine Seite des Wahnsinns beginnt im heillosen Durcheinander. Strömender Regen, Sturzbäche in den Straßen, schnell kreisende Wassermühlenräder, Bälle, blitzende Lichter und wirre, sich überkreuzende Linien so weit das Auge reicht. Für das Auge gibt es viel zu sehen, aber nichts zum Festhalten. Nichts zum Greifen und Abspeichern - vor allem wenig Kausalität. Das Gegenteil einer klaren Exposition, die Ort, Zeit und Art der erzählten Geschichte darstellt - und doch in so vieler Hinsicht selbsterklärend. Wie, wenn nicht durch das Chaos, will man eine Nervenheilanstalt passender darstellen. Einem Hort für Verrückte und Ausgesonderte, die ihren Geist und ihr Wesen, ja ihre Identität verloren haben. In den Zellen hocken. Liegen. Starren. Tanzen und schreien oder kurz vor der Selbstverletzung dahinsiechen.

Immer wieder vermischt der Film sein Plot-Narrativ für Montagen des Durcheinanders von befremdlichster Wirkung. Schritt für Schritt entfaltet sich eine Geschichte aus Rückblenden, die das Schicksal der Figuren und ihre Vergangenheit ausstaffiert - und so eine überraschend tragisch-emotionale Bindung zum Publikum schafft. Und doch kehren wir, ob wir wollen oder nicht, immer wieder in die kahlen Zellen der Nervenheilanstalt zurück. Es ist ein Ort des Wahns. Keiner, bei dem der Wahn geheilt wird, sondern einer, in dem der Wahn potenziert wird, weil er ausgeprügelt werden soll. Das geht solange „gut“, bis die Gewalt und Manie in freien Bahnen durch die eigenen Reihen huscht und die Menschlichkeit aus den Anwesenden herausquetscht. Gewalt erschafft Gegengewalt, und wenn der Körper erst einmal so frei schwingt wie der Verstand der Eingepferchten, dann gibt es kein Halten mehr. Die strammen Linien in den Bildern von Beginn werden mit der Zeit immer asynchroner verlaufen, immer mehr ihre Parallelität verlieren und immer mehr Platz der Dunkelheit überlassen. Solange, bis nur noch die bleichen Gesichter und blitzenden Augen aus der Dunkelheit hervorstarren.

Fazit

Mit „Eine Seite des Wahnsinn“ ist dem Regisseur Teinosuke Kinugasa („Das Höllentor“), der hier mit dem gefeierten Autor Kawabata Yasunari gearbeitet hat, ein außergewöhnlich konsequenter und visuell zermürbender expressionistischer Stummfilm gelungen. So radikal wild war der deutsche Pate der Filmströmung zwar selten, geistesverwandt sind die Werke dennoch - nicht zuletzt wegen der atemberaubenden Bilder. Zum Beispiel werden die kahlen Wände der Zellen zu Leinwänden für die Eingeschlossenen und das blanke Nichts zur einzigen bitteren Fläche der Hoffnung. Der menschliche Verstand ist ein Wesen unschätzbarer Kraft; „Eine Seite des Wahnsinn“ zeigt, was passiert, wenn diese Kraft unwiderruflich entfesselt wird. Ein beeindruckendes Effektegewitter von hoher emotionaler Kraft.

Kritik: Levin Günther

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