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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Matt ist Brite, Kälteforscher und gerade auf einer wissenschaftlichen Exkursion in der Antarktis unterwegs. Seine Gedanken sind jedoch gefangen von seiner Begegnung mit der hemmungslosen jungen Amerikanerin Lisa, die er in London getroffen hat. Und mit der er neben zahlreichen Konzertbesuchen vor allem den guten, leidenschaftlichen und vielseitigen Sex erfahren und genossen hat, der nicht bei jedem Zufallsaufriss zu erwarten ist.

Kritik

Eine Liebesbeziehung, die sich rein über die Körperlichkeit zweier Partner definieren lässt, ist die Thematik in Michael Winterbottoms (Code 46) skandalumwobenen 9 Songs. Der Regisseur erzählt die Geschichte von Matt und Lisa, die sich während eines Konzerts in London kennenlernen und fortlaufend in einen kreiselnden Strudel aus weiteren Konzertbesuchen und vielseitig vollzogenem Geschlechtsverkehr fallen lassen, welcher hauptsächlich in Matts Apartment stattfindet. 

Viel mehr passiert in Winterbottoms Film nicht. Das kaum vorhandene Drehbuch beschränkt sich stattdessen auf amateurhaft sowie aus nächster Nähe eingefangene Live-Musik und Sexszenen, die durch ihre explizite Inszenierung zur Diskussion anregen, ob es sich bei 9 Songs lediglich um provokative Pornographie handelt, die vom Regisseur in einen Kinofilm geschmuggelt wurde. Tatsächlich lassen sich Matt und Lisa im Kontext der ebenfalls äußerst vignettenartigen Handlung eher als menschliche Skizzen betrachten, deren charakterliche Facetten weitestgehend unbeschrieben bleiben. 

Der Regisseur legt den Film aus Matts Perspektive an, der zu Beginn als eine Art Klimaforscher eingeführt wird und trotzdem seltsam abstrakt bleibt. Bis auf ein paar eingeschobene Montagen, in denen Hauptdarsteller Kieran O’Brien (Goal! Lebe deinen Traum) per Voice-over hölzern von der Antarktis erzählt, und einige Szenen, in denen seine Figur auf den Monitor eines Laptops starrt, wird nie klar, welcher Tätigkeit Matt genau nachgeht. Deutlich klarer erscheint dagegen sein anfänglicher Monolog über Lisa. Seine Erinnerungen an die 21-Jährige werden nicht von ihren Kleidern, Arbeit, Herkunft oder gar ihren gewechselten Worten bevölkert, sondern einzig und alleine von sinnlichen Eigenschaften wie ihrem Duft, dem Geschmack ihres Körpers und ihrer Haut, wenn sie Matt berührt. 

Diesem Konzept der reinen Körperlichkeit folgt auch der Regisseur, wenn er das Pärchen in der tobenden Menge der Konzerthallen verschwimmen und zuhause im Privaten in einer Weise miteinander verschmelzen lässt, die den freizügig und zugleich ohne störenden Voyeurismus gefilmten Sexszenen eine ungewohnte Natürlichkeit verleiht. 9 Songs bewegt sich aufgrund von immer wieder störend eingefügtem Klaviergeklimper oftmals nahe an der Grenze zum prätentiösen Arthouse-Kunststudenten-Filmprojekt und stellt die Geduld des Zuschauers durch das redundant verwendete Gerippe einer Handlung sowie unbeholfen einsetzende Dialog-Improvisationen nur noch stärker auf die Probe. 

Mit der puren Reduktion auf das Verhältnis zwischen Matt und Lisas Körper erreicht Winterbottoms filmisches Experiment jedoch vereinzelt eine sensible Intimität, durch die das Werk vereinzelt in ausdrucksstarke Momentaufnahmen zerfällt. In diesen kurzen Szenen erstrahlt die Lust der beiden als fühlbare Konstante, die sich durch flüchtige Höhepunkte, die der Regisseur an einer Stelle mithilfe einer realen Ejakulation bebildert, neugierige Experimente und isolierte Masturbation schlängelt. 

Die Auflösung dieser Beziehung ereilt das Pärchen schließlich so abrupt wie unbefriedigend, wobei 9 Songs auf eine Weise endet, die dem wahren Leben durchaus nachempfunden ist. Mit unkonventionellen Mitteln hat der Regisseur versucht, ein Stück Leben in ein Stück Kino einzufügen, wobei sein experimentell-eigenwilliges Vorhaben ebenso interessant scheitert wie es im nächsten Moment in verletzlich intimer Zärtlichkeit erstrahlt.

Fazit

Als sperriger Hybrid aus Drama, Konzert-Schnipseln und expliziten Sexszenen ist Michael Winterbottoms „9 Songs“ bis heute ein eigenwilliges Novum, das sich bewusst in den Sehgewohnheiten des Betrachters verkeilt. Auch wenn der minimalistische Handlungsverlauf auf redundante Art ausgereizt wird und improvisierte Dialoge immer wieder unschön in den Ohren erklingen, erreicht der Regisseur durch seine Beschränkung auf reine Körperlichkeit zwischen den Hauptfiguren eine seltsam anziehende Intimität, die es im Kino so nicht häufig zu sehen gibt.

Kritik: Patrick Reinbott

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