Bildnachweis: © Platinum Games / Nintendo

Videospiel "Astral Chain" im Test

von Sebastian Stumbek

Story

In naher Zukunft wird die Menschheit von Kreaturen aus einer anderen Dimension bedroht: den Chimären. Mit sich brachten sie die sogenannte Rote Materie, eine mysteriöse Substanz, die die Erde verseucht. Einzig eine von allen Kulturen der Menschheit geprägte künstliche Insel, die Arche, bietet den Menschen noch Zuflucht.

Als die Chimären bis zur Arche vordringen, ruht die letzte Hoffnung der Menschheit auf den Schultern der Elite-Polizeieinheit Neuron und ihrer außergewöhnlichen Spezialwaffe: den Legionen. Als Protagonist oder Protagonistin trittst du Neuron in deren schwerster Stunde bei. Nur du kannst gemeinsam mit der Legion die Invasion aufhalten!

Kritik

Mit Spielen wie Bayonetta oder Nier: Automata machte sich PlatinumGames bereits einen Namen, nun haben die Entwickler aus Japan schon den nächsten großen Titel parat: Astral Chain nennt sich ihr neues Action-RPG, welches Ende August 2019 exklusiv für Nintendo Switch erschien. Darin geht es in einer rund 20-stündigen Kampagne in eine dystopische Zukunft, worin die letzten Menschen sich vor einfallenden Kreaturen einer anderen Dimension zu retten versuchen.

Wir wählen zu Beginn zwischen Männlein oder Weiblein unseren Hauptcharakter, was spielerisch jedoch keinen Unterschied macht. Das junge Geschwisterpaar arbeitet für die Elite-Polizeieinheit Neuron, welche sich den Kreaturen, hier genannt Chimären, entgegenstellt. Gleich zur Einführung lässt es Astral Chain mit einer rasanten Verfolgungsjagd auf einem Bike bis hin zu ersten Straßenkämpfen ordentlich krachen. Hier lernen wir vor allem die Grundlagen der Steuerung kennen, die uns angenehm in kleinen Häppchen serviert werden.

Die Geschichte erstreckt sich über insgesamt 11 Kapitel, die in der Regel so aufgebaut sind, dass wir uns vor jedem Einsatz zunächst frei auf unserem Polizeirevier bewegen können. Hier führen wir Unterhaltungen mit NPCs, verbessern unsere Kampftechniken im Trainingsraum, kaufen neue Ausrüstung, upgraden unseren Charakter und erfüllen auch kleinere Nebenaufträge. Da wir uns in einem japanischen Anime-Game befinden, darf der Rahmen nicht allzu ernst genommen werden, die Inszenierung fällt vollkommen absurd aus und ist angereichert mit allerlei schrägem Humor. Diesen Stil muss man mögen, für manch westlichen Spieler mag all das abschreckend wirken, wer sich damit aber arrangieren kann oder ohnehin mit Anime vertraut ist, wird es durchaus als charmant empfinden.

Starten wir eine Mission, führt sie uns in der Regel zu einem Schauplatz, an welchem zunächst Detektivarbeit gefragt ist. Zeugen werden nach ungewöhnlichen Vorkommnissen befragt, Indizien werden gesammelt und schließlich zusammengefügt und auch zahlreiche Nebenaufgaben sind jederzeit zu finden, wenn man die Augen aufhält. Je mehr wir davon erfüllen, desto mehr belohnt uns das Spiel mit zusätzlichen Items, mit Geld und mit Einsatzpunkten, welche uns wiederum in unserer Polizeilaufbahn schneller aufsteigen lassen. Spannend ist gewiss nicht jeder Nebenauftrag, teilweise geht es sich um recht triviale Aufgaben wie dem Auffinden einer verlorenen Katze bis hin zum Beschaffen eines Eis für ein Kind, hin und wieder aber weiß das Spiel auch hier zu überraschen.

Deutlich besser sind die Hauptaufgaben strukturiert, welche uns meist in epische Kämpfe verwickeln. Hier liegt ohnehin die größte Stärke des Spiels, welche uns durchgehend zu unterhalten weiß. Wir steuern zum einen unseren Hauptcharakter, der sich mit Schlagstock, Pistole oder Schwert zur Wehr setzt. Ihm stehen zusätzlich aber auch fünf Legionen (gezüchtete Chimären, welche an einer astralen Kette mit uns gebunden sind) zur Verfügung, die wir ins Schlachtfeld mitnehmen. Einmal gerufen, agieren sie weitestgehend selbstständig, wir können aber auch gezielt die Kontrolle über sie übernehmen, wodurch sich spannende Dinge umsetzen lassen. Beispielsweise lassen sich mit der astralen Kette Gegner fesseln, wenn wir sie umwickeln, oder aber wir schleudern einen anstürmenden Widersacher zurück, wenn wir die Kette auf seinem Weg spannen. Auch diverse Kombos sind dem Duo möglich.

Zudem verfügt jede unserer Legionen über besondere Vor- und Nachteile, mit ihren individuellen Spezialtechniken ist zudem taktisches Vorgehen möglich. Unsere Schwert-Legion durchtrennt beispielsweise Energieketten, während unsere Bogen-Legion Ziele aus großer Distanz aufs Korn nimmt. Jede von ihnen verfügt zudem über einen eigenen Talentbaum, worin mit der Zeit noch viele weitere Fähigkeiten freigeschaltet oder ihre Attribute verbessert werden. Das ermöglicht unter anderem besondere Kombos, wenn wir im Kampf zur richtigen Zeit entsprechend reagieren. Kämpfe spielen sich in Astral Chain angenehm flott, sind herrlich over the top inszeniert und entfachen ein wahres Effektfeuerwerk. Das alles ist zu Beginn noch etwas überfordernd, das Spiel gibt sich aber enorme Mühe, uns nach und nach verständlich in die Mechaniken einzuführen.

Auf Wunsch lässt sich das Spiel auch im Koop-Modus bestreiten, davon sei aber dringend abgeraten, da es nur zu unübersichtlichem Chaos führt. Ohnehin hat der zweite Spieler, der die Kontrolle der Legion übernimmt, nicht viel zu tun, da diese auch selbstständig agieren kann. Auf Solospieler ist das Spiel dagegen optimal ausgerichtet was das Kampfgeschehen angeht. Dass es aber auch hier hin und wieder zu unübersichtlichen Momenten kommt, ist der gelegentlich etwas sperrigen Kamera zu verschulden.

Aus technischer Sicht ist Astral Chain äußerst stark ausgefallen. Die Switch verfügt bekanntermaßen nicht über die Rechenpower der PS4 oder der Xbox One, was PlatinumGames aber aus den gegebenen Mitteln macht, ist ziemlich beeindruckend. Astral Chain läuft jederzeit angenehm flüssig, obwohl die Inszenierung mächtig klotzt. In Kombination mit dem schicken Artdesign in Cel Shading-Optik und dem stimmungsvollen Soundtrack ergibt sich so ein absolut gelungenes audio-visuelles Erlebnis auf Nintendos Hybrid-Konsole, das sich selbst im Handheld-Modus sehen lassen kann.

Allzu große Ansprüche an die Story sollte man übrigens nicht stellen, sie bleibt trotz spannender Prämisse weitestgehend vorhersehbar und bedient sich eben doch zahlreicher Klischees und stereotyper Charaktere. Um durch das Abenteuer zu führen und Spaß zu haben, erfüllt sie durchaus ihren Zweck, jedoch sollte man lange keine erzählerischen Qualitäten und nahegehende Charaktere erwarten, wie sie beispielsweise ein Final Fantasy hinbekommt, das uns auch emotional immer wieder zu berühren weiß. Davon ist Astral Chain dann eben doch ein ordentliches Stück weit entfernt.


Fazit

Freunde actiongeladener Japano-RPGs kommen in "Astral Chain" voll auf ihre Kosten. Zwar hätte das Spiel aus dem Hause PlatinumGames durchaus eine stärkere Handlung und besser gezeichnete Charaktere vertragen können, gleicht diesen Mangel aber mit seiner imposanten Inszenierung, dem coolen Cyberpunk-Setting und seinem gelungenen Gameplay wieder aus.

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