Mit seiner düsteren Mischung aus Psychopathologie und Symbolismus irritierte William Wylers Schauer-Thriller seinerzeit Presse und Publikum gleichermaßen. Jahrzehntelang fristete die Verfilmung John Fowles gleichnamigen Romans um den introvertierten Schmetterlingssammler Freddie, der die junge Studentin Miranda als menschliches Sammlerstück gefangen hält, ein Nischendasein als Underground-Movie. Das änderte sich 1988 mit der Überführung Robert Berdellas. Der von den Medien „Kansas City Butcher“ getaufte Serienkiller ermordetet in den 80ern mindestens sechs junge Männer. Seine Opfer hielt er ähnlich des von Terence Stamp verkörperten Protagonisten teils über Wochen in seinem Keller gefangen. Interessant ist Berdellas Fixierung auf Wylers Film besonders aufgrund der unschmeichelhaften Darstellung Freddies. Anders als die enigmatischen, oftmals übermenschlich starken Antagonisten in Halloween oder Scream ist Wylers Titelcharakter ein jämmerlicher Creep.
Mit seiner Projektion eigener Unzulänglichkeiten auf ein weibliches Opfer und dem Wanken zwischen Hass, Angst und Begehren gegenüber Frauen wirkt Freddie wie ein Incel-Prototyp. John Fowles Roman faszinierte gleich mehrere Serienkiller: den sogenannten Beauty Queen Killer Christopher Wilder sowie Killer-Duo Leonard Lake und Charles Ng. Wilder tötete in den 80ern mindestens 12 junge Frauen, darunter die 18-jährige Schönheitskönigin und aspirierende Schauspielerin Tammy Lynn Leppert. Fowles Buch hatte er dabei, als ihn die Polizei erschoss. Lake tötete mit seinem Komplizen Ng Mitte der 80er bis zu 25 Menschen. Seine Taten nannte er „Project Miranda“, woran Presse und Polizei mit der Bezeichnung „Miranda Murders“ anknüpften. Allerdings agierte Lake, der schon als kleiner Junge Mäuse in Säure zersetzte (wie später die Leichen seiner Opfer), auffällig anders als der Romancharakter.
Interessanterweise finden sich praktisch keine Hinweise auf Vorwürfe gegen Wylers Film oder Fowles Roman. Kritik an letztem bezieht sich vorrangig auf dessen ambivalente Darstellung der britischen Bourgeoisie, der die klassenkritischen Aspekte des literarischen Szenarios offenbar übel aufstießen. Doch diese Zurückhaltung war nur die Ruhe vor einem frühzeitlichen Shitstorm.