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»Ich brauche Liebe und Mitgefühl für meine Figuren«

Malinche

Von Malinche in Heimkinostart von »Neruda« - Interview mit Gael García Bernal und Pablo Larraín

»Ich brauche Liebe und Mitgefühl für meine Figuren« Bildnachweis: © Fabula

http://www.moviebreak.de/film/nerudaGab es eigentlich mal die Überlegung, für den Film die Musik zu verwenden, die Theodorakis für den »Canto General« geschrieben hat? Sie ist in Deutschland recht bekannt.

Larraín: Nein, daran habe ich nicht gedacht. Wir verwenden im Film meist Felix Mendelssohn.

Bernal: Theodorakis ist auch von später, oder?

Larraín: Ja, das ist erst später geschrieben worden, aber wir hätten es natürlich trotzdem verwenden können. Ich hatte nur das Gefühl, dass es nicht die richtige Verbindung zu der Art von Kino hat, die wir machen wollten. Man darf nicht vergessen, es ist ein Film. Es geht um Erfahrungen …

Bernal: Eine Frage, die Pablo übrigens immer wieder gestellt wird, ist die nach der Exhumierung von Neruda. Nerudas Leiche …

Larraín: Die haben das wirklich gemacht. Die haben das getan.

Bernal: Um rauszufinden, was passiert ist. Ob man ihn umgebracht hat, ob er eines natürlichen Todes gestorben ist … Ich erwähne das nur, weil ich Pablos Antwort darauf so gern mag. Weil du immer sagst, du hoffst, dass sie ihn nicht getötet haben.

Larraín: Ja.

Bernal: Denn das wäre …

Larraín: … ein weiterer Punkt für die Pinochetisten. Ich wünsche mir wirklich, dass Neruda eines natürlichen Todes gestorben ist. Keine der Versionen ist offiziell bestätigt, aber es wäre so schrecklich zu wissen, dass Pinochet auch Neruda getötet hat, versteht ihr? Mir ist es lieber zu denken, dass er an Krebs gestorben ist. Das ist besser.

Pinochet taucht im Film ja auch ganz kurz auf.

Larraín: Weil es so war! Ich konnte es kaum glauben, als ein Mitglied unseres Teams deshalb auf mich zukam. Ich kann mich noch genau daran erinnern – das war vielleicht zwei Wochen vor Beginn der Dreharbeiten, und da tauchte Lorena Pentián auf und meinte: »Ich hab übrigens rausgefunden, dass Pinochet damals ein Leutnant oder Oberst oder so etwas in Pisagua war.« Pisagua ist ein Konzentrationslager, es war schon damals ein Arbeitslager, aber Pinochet nutzte es während seiner Diktatur. Er sandte tausende von Leuten dorthin, die dort gefoltert und ermordet wurden. Und als Lorena mir das erzählte, sagte ich: Das ist unmöglich, ich prüfe das nach. Und sie: Ja, prüf das ruhig.

Und wir haben es nachgeprüft und es stimmt tatsächlich.

Wenn die Realität bessere Geschichten erfindet als man selbst …

Larraín: Ich konnte es nicht glauben. Ich konnte es einfach nicht glauben – dass Pinochet wirklich dort war … Und vergessen wir nicht: Derjenige, der Pinochet zum Oberbefehlshaber ernannt hat, war Allende. Und den verriet er später. Wenn Allende gewusst hätte, dass Pinochet schon Jahre zuvor González Videla unterstützte und gewissermaßen Kommunisten im Norden von Chile foltern ließ … Ich glaube, dann hätte er ihn nicht zum Befehlshaber ernannt. Ich weiß es nicht genau. Aber … Es ist einfach verrückt!

Willst du weiterhin zur chilenischen Geschichte arbeiten?

Larraín: Warum nicht?

Und gibt es irgendwelche konkreten –

Larraín: Nein.

Nicht Pinochet.

Larraín: Nein. Ich habe darüber nachgedacht. Aber ich muss bei meinen Projekten etwas Mitgefühl und Liebe für meine Figuren empfinden können. Selbst, als ich El Club machte, liebte ich meine Figuren – irgendwie. Ich fand einen Weg, sie zu verstehen. Aber … Pinochet? Ich weiß nicht. Es gibt keine Chance, wie ich mich dem verbunden fühlen könnte. Also – kein Film über ihn. Nicht von dieser Seite.

Bernal: Es ist –

Larraín: Ah, der da will einen machen.

(Alle lachen.)

Bernal: Pinochet tritt in No! auf. Und die Reaktion darauf in Chile hat mich verblüfft – vor allem die der Studenten. Es gab eine spezielle Aufführung für die Studentenbewegung.

Larraín: Ah, ja, ja …

Bernal: Und es war echt interessant. Es gibt eine Szene mit seinem Fernsehauftritt – das Comedy-Highlight des Films. Pinochet taucht auf, und alle sterben vor Lachen und können nicht aufhören zu lachen, wann immer er in die Kamera spricht. Und wann immer reale Figuren aus der Übergangszeit – der concertación – auftraten, wurden sie ausgebuht …

Es war aber kein fröhliches, zustimmendes Lachen in dem Sinne, dass man Pinochet unterstützt. Es klang eher nach: Das ist so lächerlich. Denn genau das ist es. Ich meine … Wenn diese Szene etwas länger dauern würde, wäre sie eine South-Park-Episode, versteht ihr? So, wie er redet, es ist einfach …

Larraín: Oh, es ist verrückt.

Bernal: Ja! Er ist so … »Wenn ich ein paar Fehler gemacht habe – vergebt mir.« Sowas sagt er.

Larraín: »Vergebt mir.«

Bernal: »Ich werde nicht über mich urteilen. Ihr urteilt, ihr urteilt. Aber … vergebt mir.«

Larraín: »Und wählt mich!«

Bernal: »Wählt mich! Vergebt mir!«

Larraín: Und er sitzt da sozusagen schon auf zweitausend Leichen. »Wenn irgendetwas falsch gelaufen ist, vergebt mir.«

Bernal: Es ist einfach interessant, wie man diesen Film auf unterschiedliche Weise sehen kann. Und auch, wie wir »Neruda« sehen – anders als beispielsweise jemand, der deutlich älter ist und die Zeit von Nerudas Wirken noch miterlebt hat.

Larraín: Wir hatten auch diskutiert, mit Pinochet eine pechschwarze Komödie zu machen. Aber so lustig ist es nicht. Was in »No!« lustig ist, ist er selbst. Wir haben in dem Film keinen Schauspieler für ihn. Es ist Pinochet selbst, wir zeigen Archivmaterial. Und das macht es so unglaublich. Wir blenden auch keine Musik ein, nichts. Wir zeigen es nur. Und das allein ist stark genug. »Ist das da ein Schauspieler?« (flüstert) Nein.


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Neruda ist seit dem 25. August 2017 auf DVD und Blu-Ray erhältlich.

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