{{ tweet.login }}

{{{ tweet.body | format }}}

Wird geladen...

×
×

Erwähnungen

×

Benachrichtigungen

Todeszug ins Surreale

Wuttke

Von Wuttke in Darkside - Ein Hörspiel von Tom Stoppard

Todeszug ins Surreale Bildnachweis: http://www.jpc.de/image/w600/front/0/0825646368754.jpg
Inhalt: Emily (Amaka Okafor) besucht ein Uni-Seminar, in dem moralische Grundsätze diskutiert werden. Doch ist dieser Kurs mit altertümlichen, philosophischen Grundsätzen gepflastert, was die Studentin anödet. Sie beginnt die Platitüten zu hinterfragen und wird gleichzeitig in die Geschichte, die dort thematisiert wird, hineingezogen. Dort trifft sie auf den Jungen (Iwan Rheon), den ein Zug vorher überfahren hatte, nachdem man das Gleis umgestellt hatte, was ihn sonst in den sicheren Abgrund geführt hätte. Der Zug überfährt jedoch den Jungen, und doch läuft er nun neben Emily her und begleitet sie durch eine Welt voller Fragen. Was ist gut? Was ist Recht? Und ist das alles nur eine Übung?

Kritik: Anlässlich von 40 Jahren, die die Welt mit einem legendären Album gesegnet war und immer noch ist, interpretiert Tom Stoppard die Klänge von Pink Floyd auf seine höchsteigene Art und Weise. Dabei basiert der Inhalt stark auf dem psychedelischen Touch des Pink Floyd-Albums, weitet darüber hinaus die Textpassagen von Bassist Roger Waters mit seiner Geschichte abstrus und surreal aus. Man muss also schon ein wenig den Zugang zur Musik finden und die Texte in irgendeiner Weise studiert haben, um das Hörspiel einigermaßen genießen zu können.

Doch macht gerade das den Reiz aus, sich dem Stoff zu öffnen. Die 54 Minuten bieten zwar nicht viel Platz für ein Stück in Ausmaßen eines Theaterstückes, doch komprimiert es in eleganter Weise lebensphilosophische Fragen zusammen mit Trackfetzen der Musik. Wenn etwa ein Banker seine Lebenseinstellung zum Besten gibt, ertönt kurz darauf "Money" mit seinen prägnanten Textzeilen, und auch bei Emily, die Grundsatzfragen aufwirft und dabei von Ausschnitten aus "Us and them" unterlegt ist, zeigt sich die Liebe zum Detail, die man in die Arbeit steckte.

Diese wirkt wie aus einem Guss zusammengemixt, weiß, wo die richtigen Einsätze hingehören und bietet obendrein noch gelungene Sprecherleistungen, die weit weg erklingen von Befürchtungen wie "abgelesen" oder "uninspiriert". Nein, das Gesamtwerk passt einfach. Hier werden nicht nur nostalgisch verklärte Entspannungsblicke ob der Musik wach werden, sondern auch das Vorlehnen und mit Spannung Dabeisein. Es mag sich anfangs ein wenig sperrig antun, vom Studienseminar plötzlich in diese Gedankenwelt zu springen, aber irgendwann springt der Funke auch über und man wird am Gehörten seinen Spaß haben.

Dabei klingt pythonesquer Humor genauso durch wie Gesellschaftskritik auf höherer Ebene. In dieser fast Oz´schen Welt werden ein paar wenige Orte physisch beschrieben, und vieles spielt sich auf einer sphärischen Metaebene ab, in der Emily ihre Fragen und Theorien anbringen kann. Da darf man sich auch mal darin verlieren, denn wird nicht ausschließlich die Moralkeule ausgepackt, sondern auch vieles entsprechend aufgelockert. Der Junge ist dabei herzerfrischend ironisch wie der Banker offensiv anbiedernd, also kann man den Figuren eine klare Struktur ablesen, auch wenn die Geschichte nicht gleich jeden Hörer im ersten Durchgang erreicht.

Fazit

Die Idee ist eine retrospektive Verklärung auf eine Band, die selten zeitlos Systemkritik übte und dies in ihrer gewohnt surrealen Art in Melodien verpackte. Stoppards Interpretation passt hier wie die Faust auf´s Auge und erweitert die Erfahrungsebene um eine zusätzliche Geschichte, die zugegeben formell etwas abstrakt ausfällt. Doch wer sich auf die Konstellation einlassen kann, wird mit einem vielschichtigen und bedeutungsvollen Ganzen belohnt. Das ist witzig, das ist unterhaltend, und es ist eine höchsteigene Ergänzung zur unsterblichen Musik. "Darkside" ist also etwas für Leute, die bei einem Glas Wein etwas denkmüde sind, um sich selbst Gedanken nach dem Sinn von Klang und Text zu machen.

Wertung 8,5/10

Wird geladen...