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"Castlevania" - Staffel 2 - Kritik

Bristleback

Von Bristleback in "Castlevania" - Staffel 1 & 2 - Kritik

"Castlevania" - Staffel 2 - Kritik Bildnachweis: @ Netflix

Kritik

Nachdem die viel zu kurze Laufzeit von nur vier Episoden als der große Kritikpunkt angekreidet wurde, meldet sich Netflix rechtzeitig zu Halloween und inmitten großer Erwartungen mit der zweiten Staffel Castlevania zurück und bestätigt den Ruf der ersten Staffel, dass es sich bei dieser Adaptierung um die bis dato gelungenste Verfilmung eines Videospiels handelt. Die Anzahl der Episoden wurde (zum Glück) auf acht Episoden erweitert, kommt mit den vier Folgen aus letztem Jahr somit auf insgesamt zwölf und bildet, wenn man's genau nehmen möchte, "Staffel 1". Die Aufteilung auf zwei Staffeln macht nicht wirklich Sinn, zumal der Plot in den ersten vier Episoden aus 2017 gar nicht zu Ende geführt wurde. Ist ja auch egal. Fakt ist, dass die Macher verstehen, wie sie das Potenzial des höheren Episodencounts schöpfen können und nutzen es um die Welt von Castlevania und ihre Charaktere zu vertiefen.

Drehbuchautor Warren Ellis ist schlau genug sich nicht zu sklavisch an die Vorlage zu halten; tatsächlich ist er relativ radikal mit seinem Rotstift, den er überall ansetzt, wo ihm die Vorlage Weg steht. Aus der Perspektive eines Fans könnte man dies als Respektlosigkeit deuten, denn Ellis scheut sich wirklich nicht sich beim Castlevania-Franchise ihrer besten Aspekte zu bedienen und generell alles dafür zu tun, damit seine Geschichte im Serienformat aufgeht.

Das Resultat gibt ihm jedoch Recht: Castlevania bezaubert mit neuen Charakteren, die mit einer Nuance beeindrucken, die man von Cartoons dieser Art—von Videospieladaptionen schon gar nicht—erwartet hätte. Unsere bunt zusammengewürfelte, sich in die Rolle des Vampirjägers gedrängt sehende Gruppe um den sarkastischen Alkoholiker Trevor Belmont (Richard Armitage), begabte Magierin und scheinbar auch Herr der Elemente—Avatar-Style—Sypha Belnades (Alejandra Reynoso) und Halb-Vampir-Halb-Goth-Teenager Alucard (James Callis) begibt sich auf die Jagd nach Dracula (Graham MacTavish), der nach dem Tod seiner geliebten Frau Lisa (Emily Swallow) auf dem Scheiterhaufen anhand der engstirnigen, abergläubischen und feigen Menschen diesen das Leben abspricht und seinen Genozid plant.

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Was heraussticht ist, wie viel Zeit für die Entwicklung von Draculas Charakter und für die Etablierung der neuen Figuren an seinem Hofe verwendet wird. Man könnte fast meinen, dass Dracula der eigentliche Protagonist dieser Serie ist. Der Graf selbst wird nicht als blutrünsitges Monster, sondern als unsterblicher Philosoph, Akademiker und Wissenschaftler dargestellt, der in seiner Trauer um sich schlägt. Die Art und Weise, wie Dracula vermenschlicht wird ist wirklich spannend mitanzusehen. Sein neuer Kriegsrat besteht aus dem eher typisch-vampirischen Wikinger GODBRAND ( ← bin mir ziemlich sicher, dass man ihn immer in Großbuchstaben ausschreiben muss), gesprochen von—aus welchem grandiosen Grund auch immer—Peter Stormare, der verräterischen Carmilla (Jaime Murray) und Draculas zwei menschlichen Beratern Hector (Theo James) und Isaac (Adetokumboh M'Cormack). Hinterhältige Intrigen und Machenschaften finden ihren Weg in die Geschichte und machen aus Castlevania ein "Game of Thrones Light", was zum glücklichen Großteil sogar gut aufgeht. Castlevanias größte Stärke ist wohl die Tatsache, dass keiner dieser "Bösewichter" böse ist, um des Böseseins Willen. Selbst wenn sie böse sind, haben sie ihre Motivationen und Gründe ... alle bis auf GOOOODBRAAAAND! Er will nur töten, ficken und Schiffe bauen. Er ist ein Wikinger; er baut gerne Schiffe, so what? Grandioser Charakter. Wirklich. Weirderweise hilft es sogar, dass Peter Stormares vergleichsweise ranziges Voice-Acting so gut auf den Charakter passt, dass man sich wundern muss, ob er denn eigentlich ein so guter Synchronsprecher ist, dass man glaubt, er ist schlecht, weil er will, dass man das glaubt. Egal. Auch Hector und Isaac, Draculas menschliche Berater, die ihm selbst im Akt des Genozids an ihrer eigenen Spezies loyal sind, bekommen kurze, aber effektive Motivationen und Backstories spendiert, die ihre Charaktere erden. Selbst die oberböse Carmilla (+ böse Lache) bekommt eine Perspektive spendiert, die man in ihrem verdrehten-aber-irgendwie-auch-logischen Feminismus sogar irgendwie nachvollziehen kann.

Ja, aber was ist denn mit Trevor, Sypha und Alucard? Tatsächlich scheinen unsere "Protagonisten" auf der Rückbank Platz zu nehmen, was nicht bedeutet, dass sie nicht ihre tollen Momente haben. Vor allem die misstrauisch-neckische Chemie zwischen Trevor und Alucard ist beizeiten wirklich köstlich mitanzusehen, wo Castlevania mit einem Humor strahlt, das wie ein Leuchtfeuer diese Horror-Fantasy-Welt erhellt. Dabei ist es Sypha, die die beiden oft voneinander trennen muss. Dennoch sticht dieses Gefühl durch, dass die beiden Hähne es dann doch nicht ganz ernst meinen und wenn am Ende sich eine Freundschaft zwischen den dreien andeutet, ist jener Moment sogar überraschend rührend. Die englischen Sprecher leisten hierbei mit ihren unkonventionellen Performances für die nötige Prise Gewicht und verleihen der Welt auch eine gewisse Glaubhaftigkeit. Die dt. Synchronisation ist dabei viel traditioneller, aber nicht weniger gut.

Fazit

"Castlevania" setzt seinen Siegeszug mit dem Titel der besten Videospieladaption aller Zeiten fort, indem es die Dark-Fantasy-Welt und den dazugehörigen Lore ausbaut, die Charaktere ökonomisch weiterentwickelt, ohne dass es zu hastig wirkt und etabliert völlig neue Figuren, die trotz ihrer Bosheit das Publikum auf ihre Seite zu ziehen wissen. Die Actionchoreographien sind weiterhin kreativ und badass, auch wenn sie an den nach wie vor ruckeligen Animationen leiden, wo sich das mickrige Budget dann leider doch bemerkbar macht. 


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