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Blochin - Die Lebenden und die Toten - Staffel 1 - Kritik

Souli

Von Souli in Blochin - Die Lebenden und die Toten - Staffel 1 - Kritik

Blochin - Die Lebenden und die Toten - Staffel 1 - Kritik Bildnachweis: © Studio Hamburg Enterprises ||| Jürgen Vogel & Thomas Heinze

„Spar dir die Spielchen, wir sind hier nicht beim Ficken!“

Mit seinen kontemplativen Meisterwerken „Der freie Wille“ und „Gnade“ hat sich der Hamburger Filmemacher Matthias Glasner die Gunst eines Publikums erspielen können, deren filmische Präferenzen diametral zum gigantomanischen Blockbusterkino unserer Zeit verkehren: Durch feingliedrige Charakter-Porträts offenbarte Matthias Glasner nicht nur sein Fingerspitzengefühl im Umgang mit menschlichen Existenzen, er trieb auch Jürgen Vogel, mit dem er 1996 gemeinschaftlich die Produktionsfirma Schwarzweiss [sic] Filmproduktion gründete, in beiden Fällen zu absoluten Höchstleistungen an. Matthias Glasner aber steht nicht nur für markerschütternde Komplexität im Kino, Glasner hat ebenso im TV-Fach Fuß fassen können, indem er die Regie bei verschiedenen, gemeinhin als überaus gelungen rezipierten „Tatort“-Episoden übernommen hat. Da kann es einem natürlich nur ein Lächeln auf die Lippen zaubern, wenn man eine Serie wie „Blochin – Die Lebenden und die Toten“ vorgesetzt bekommt, bei der sich Matthias Glasner über eine Laufzeit von insgesamt sechs Stunden inszenatorisch austoben durfte. Das Ergebnis jedenfalls macht durchaus Lust auf mehr.

Ganze fünf Millionen Euro standen der ersten Staffel „Blochin – Die Lebenden und die Toten“ zum Verschleiß zur Verfügung. Man muss es dem vorab bereits über den grünen Klee gelobten „Blochin – Die Lebenden und die Toten“ auch zweifelsohne zugestehen, dass hier ein wirklich hochwertiges Programm aus teutonischem Boden gestampft wurde. Wobei, und vor diesem Vorwurf kann sich Matthias Glasner freilich nicht verstecken: Der informale Nährboden der Serie ist unverkennbar dem amerikanischen Qualitätsfernsehen entliehen und „Blochin – Die Lebenden und die Toten“ klaubt Motive zusammen, die sich nicht nur im mit Damian Lewis und Claire Danes in den Hauptrollen besetzten „Homeland“ in widerspiegeln. Allgemein ist „Blochin – Die Lebenden und die Toten“ eine unheimlich amerikanisierte Angelegenheit (was ja kein Nachteil sein muss) und versucht sich in seiner Tonalität kontinuierlich vom deutschen Biedersinn zu emanzipieren, um den Zuschauer mit einem impulsiven Genre-Kino in Berührung zu bringen. Einen realistischen Anspruch jedenfalls hegt Matthias Glasner nicht, die Geschwindigkeit zählt.

Dass das „Blochin – Die Lebenden und die Toten“ aber nicht nur ein ordentliches Tempo in der Erzählmethodik attestiert, macht sich schon an der titelgebenden Hauptfigur bemerkbar. Blochin (Jürgen Vogel) ist der Mann ohne Vornamen, die Dämonen der Vergangenheit jagen ihn noch immer hinterher und nur weil er nun für die Mordkommission 7 in Berlin tätig ist, heißt das noch lange nicht, dass in seiner Seele nicht immer noch der ewige Kampf zwischen Licht und Schatten ausgetragen wird. Ja, Blochin ist eine rein funktionale Figur, für den genreaffinen Zuschauer sogar schon als altbacken und klischiert zu bezeichnen – Jeder klassischere Cop-Thriller verfügt über ein ähnliche Persönlichkeitsstruktur. Noch obsoleter wird die Konstellation, wenn man sich Blochins Kollegen Dominik Stötzner (Thomas Heinze) anschaut, der nicht nur sein Schwiegerbruder, sondern auch als gewissenhafter Antipode Blochins angelegt ist. Natürlich verschwimmen die Grenzen zwischen Gut und Böse im Verlauf der Handlung auch in Bezug auf Dominik, konventionell bis zum Äußersten verbleibt diese Typologie dennoch.

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„Blochin – Die Lebenden und die Toten“ aber krankt durchweg an dem Umstand, dass sich das Narrativ zu sehr an Allgemeinplätze bindet: Der korrupte Polizeiapparat, die Intrigen auf bundespolitischer Ebene, verkrustete Machtverhältnisse hüben wie drüben, und nicht zuletzt der innerfamiliäre Scherbenhaufen (Blochins Frau leidet zudem noch an Multiples Sklerose) als Konsequenz des alles dominierenden Berufs, der einen auch nach dem Dienstschluss einfach nicht loslässt. Immer wieder versucht „Blochin – Die Lebenden und die Toten“, all diesen Handlungssträngen die rechtmäßige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, zerfasert auf Dauer aber zusehends, weil er sich offenkundig selbst nicht so ganz darüber im Klaren war, auf welchen motivischen Aspekt er sich nun eigentlich wirklich fokussieren soll – und für die dramaturgische Wirkung verlassen kann. Blochin selbst jedenfalls wird als eine Figur beschrieben, die sich in einen stählernen Panzer hüllt und den man Schicht für Schicht abtragen, um an sein wahres Ich heranzukommen. Schade nur, dass man sein verschwommenes Wesen nie zum Nukleus des Geschehens kürt.

So antiquiert diese Persönlichkeit auf den ersten Blick auch erscheinen mag, bei einem Regisseur wie Matthias Glasner wäre durchaus zu erwarten gewesen, dass er Blochin in seiner vereinzelt anklingenden Hilflosigkeit und Todessehnsucht eine vielseitige Psychografie spendiert, die mühelos über den genredienlichen Radius hinausgehen würde. Auch wenn es bei „Blochin – Die Lebenden und die Toten“ nur zu einem eher oberflächlichen Vergnügen für Krimipretiosen gereicht hat, generiert die Hardboiled-Taktung durchaus rustikale Kurzweil und laviert sich kolpotragehaft durch die sozialen wie politische Brennpunkte, bis Berlin zum surrealen Farbenmeer abstrahiert wird, in dem den Protagonisten, als auch dem Zuschauer konsequent die Aussicht auf Katharsis verweigert wird. Das Schmerz des Lebens muss sich noch weiter aufblasen, das Tattoo auf Blochins Unterarm, welches uns HALUNKE entgegen brüllt, noch wortwörtlicher genommen werden und das Gute sich folgerichtig noch extremer im Schlechten reflektieren. Die zweite Staffel jedenfalls darf kommen und Jürgen Vogel mit seiner drahtigen Physis noch einmal auf die Suche nach einer Wahrheit schicken, die wohl vor allem auf ihn selbst zurückfällt.

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Technische Daten: Die Blu-ray von Studio Hamburg Enterprises (VÖ: 16. Oktober 2015) überzeugt aus technischer Sicht auf ganzer Linie. Die satte Bildauflösung lässt die in ein leichtes Orange getauchten Bilder erstrahlen und lassen Berlin so manches Mal wie eine leicht entrückte Metropole erscheinen. Gleiches gilt auch für das kraftvolle Sounddesign, welches „Blochin – Die Lebenden und die Toten“ durchaus konkurrenzfähig mit Kinoproduktion macht. Außerdem gibt es auch der Blu-ray noch das Feature „Wer ist Blochin?“ sowie die Deleted Scene „Jessica“ zu finden.

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