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Bilder des Zerfalls: Im Klammergriff der Kontroverse - Teil 17

von Pascal Reis

Alles, was der eigenen Weltanschauung widerspricht, bekommt die geballte Faust, das angewinkelte Knie, den geschwungenen Ellenbogen in voller Kraft zu spüren. Nichts anderes verbirgt sich hinter dem Titel „Romper Stomper“, klopft man ihn auf seine semantische Bedeutung ab: Fremdartiges, abgeglichen mit der persönlichen äußeren wie inneren Norm, muss zwangsläufig zerschlagen werden. Dass Geoffrey Wright („Sex oder stirb“) sein Spielfilmdebüt „Romper Stomper“ taufte, verfolgt folgerichtig selbstverständlich keinerlei phonetische Berücksichtigung, so lässig sich diese beiden Worte in Kombination auch von der Zunge rollen lassen, sondern fängt das Handeln seiner in den Hauptrollen agierenden Neonationalisten am äußersten Rand ein. Ihnen geht es nur darum, „ihr“ Australien zu beschützen und von Fremdkörpern, wie zum Beispiel den Vietnamesen, die mit ihren Unternehmen in Down Under reüssieren, zu säubern. Und Gewalt scheint in diesem rechten Zirkel das einzige Kommunikationsmittel zu sein, mit dem sich untereinander adäquat verständigt werden kann.

„Romper Stomper“ offeriert dabei die Frage, worauf die Ausübung von Gewalt eigentlich fußt? Was ist ihre Intention, wo finden wir ihre Basis? Dass der Film einen Blick in die Neo-Nazi-Szene Australiens wagt, legt natürlich den Verdacht nahe, dass die Gewalt hier einer dezidiert ideologische Motivation entspringt. Geoffrey Wrights Inszenierung aber negiert dem Zuschauer, diesem Ansinnen zu verfallen. Tatsächlich schildert Wright ein Milieu, in dem sich Menschen aus den verschiedensten Subkulturen zusammengerauft und in der rechten Ecke einen Deckmantel gefunden haben, um ihre Unzufriedenheit in exzessive Brutalität zu kanalisieren – und im nächsten Schritt auch zu legitimieren, schließlich unterliegt ihr stetes Ausleben von Gewalt einer Art schicksalhaft-entschiedener Kollektiv-Genetik: Wer mitmischen möchte, muss sich der Veranlagung von Hass in seinem Inneren bewusst werden. Dass viele Beteiligte in diesem Sektor nicht einmal politisch ambitioniert sind, offenbart weitergehend, wie konkret Gewalt hier mit dem Schrei nach sozialer Identifikation gleichzusetzen ist.

Warum „Romper Stomper“ aber nicht zur Referenz innerhalb dieses filmisch aufbereiteten Themenkomplex taugt, liegt nicht nur daran, dass der Film ganze 40 Minuten damit verschwendet, Hando (Russell Crowe, „Gladiator“) und seine kahlrasierten Vasallen in voller Banalität dabei zu verfolgen, wie sie durch die Straßen ziehen und ihren asiatischen Mitmenschen die Köpfe einschlagen (und das anschließende Echo abwehren), um dann wieder einer tumben Alltagsmonotonie zu verfallen, die aus hartem Sex und entfesselter Feierwut besteht. Sicherlich könnte man an dieser Stelle dahingehend argumentieren, dass Geoffrey Wright hier die streng ritualisierten Tagesabläufe innerhalb solch beschränkter (Unter-)Gruppierungen aufzeigen möchte, doch „Romper Stomper“ operiert zu neutral in seinem filmischen Gebaren. Dass der autoritäre Bandenführer Hando mit dem charismatischen Russell Crowe besetzt ist, lässt den Zuschauer durchaus in Berührung mit einer gar verwegenen Aura vom Lifestyle der Underdogs geraten, für die Crowe als suggestives Bindeglied fungiert.

Keine Frage, die Bestie Mensch sieht sich innerhalb ihrer verselbstständigten Gewaltausschweifung arretiert in purer Frustration, doch der Bund der Neonazis scheint wie ein respektables Auffangbecken für alle strauchelnden Individuen: Die Zugehörigkeit, der Gemeinschaftssinn, die Option, einen Platz unter Gleichgesinnten zu finden. Und die hiesige Umsetzung dessen kann sich einer gewissen Anziehungskraft nicht verwehren, was solange auch durchaus zulässig erscheint, bis ersichtlich wird, dass „Romper Stomper“ die Akzentuierung der Kehrseite der brüderlichen Medaille irgendwo in der strahlenden Wirkung von Russell Crowes Leinwandpräsenz und den Zugeständnissen an eine missverstandene Elite entschwunden ist. Das Urteil, wo die Schnittstelle zwischen Ambivalenz und inhaltlicher Verfehlung aber wirklich anzusiedeln ist, bleibt letztlich dem Auge des Betrachters vorbehalten, zweifelhaft jedoch ist „Romper Stomper“ so oder so. Und mit Sicherheit ist diese Bedenklichkeit der Punkt, der den Film nach wie vor als Diskussionsgegenstand interessant macht.

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