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Ein Nachruf auf Anton Yelchin

Souli

Von Souli in Abschied von einem Helden des Alltags - Ein Nachruf auf Anton Yelchin

Ein Nachruf auf Anton Yelchin Bildnachweis: ||| © Ascot

Noch immer scheint es wie ein böser Traum, der ohnehin das gesamte Jahr 2016 in einen dämmerigen Schleier des Trübsinns gehüllt hat: Anton Yelchin soll verstorben sein? Von seinem eigenen Auto zu Tode gequetscht? Der Anton Yelchin, den wir momentan in ausgewählten Programmkinos im großartigen Green Room sehen dürfen? Der Anton Yelchin, der mit Star Trek Beyond bald wieder die internationalen IMAX-Kinosäle zum Beben bringen wird, wenn sich das Raumschiff Enterprise zu neuen Abenteuern erheben wird? Die Antwort ist zermürbend in ihrer irrationalen Einfachheit: Ja, genau dieser Anton Yelchin. 

Vermutlich ist es die bittere Ironie des Schicksals, einen Menschen aus dem Leben zu reißen, der mit 27 immer noch so aussah, als hätte er gerade erst die Pubertät erreicht. Niemand hätte wohl annehmen wollen, dass das Thema Sterblichkeit dieser Tage in einen festen Zusammenhang mit dem russisch-jüdischen Schauspieler gebracht werden muss, der als 10-Jähriger einen seinen erster Auftritte in der beliebten Serie Emergency Room – Die Notaufnahme verbuchen konnte. Warum auch? Yelchin, Sohn zweier professioneller Eiskunstläufer, zählte bereits jetzt zu den ewig Junggebliebenen, die immer voller Lebendigkeit erschienen, nie überheblich oder gar von Allüren befallen, sondern mit dem spritzig-vitalen Elan gewappnet, der ihn letztlich zur Idealbesetzung des Navigatoren Pavel Chekov machte und damit auch zu einem festen Bestandteil innerhalb der Crew der Enterprise. Sein unbedarfter Humor war es, der die Maschen der intergalaktischen Odysseen immer wieder angenehm auflockerte. 

Aber Yelchin war mehr. Nach kleineren Rollen in Filmen wie 15 Minuten Ruhm, Im Netz der Spinne und seinem Privileg, neben Anthony Hopkins in Hearts in Atlantis agieren zu dürfen, sicherte er sich 2006 die Hauptrolle im von der Kritik durchaus wohlwollend angenommenen Thriller Alpha Dog – Tödliche Freundschaft und überzeugte an der Seite von Justin Timberlake, Emile Hirsch und Ben Foster, um gleichwohl den maßgeblichen Grundstein für seine Karriere als Darsteller zu legen. In Alpha Dog – Tödliche Freundschaft kristallisierte sich bereits deutlich heraus, worin die eigentliche Stärke in Yelchins Spiel lag: In seiner geerdeten Nahbarkeit. Er ist der obligatorische Nachbarsjunge, den man am Sonntagmorgen im Nirvana-T-Shirt beim Zeitungen austragen auf der Straße trifft; ein frischer, lockerer, unverbrauchter Jedermann, der nicht dem verklärten Männlichkeitsideal des muskelbepackten Heroen entsprach, sondern sich als Held des Alltags seinen Platz in der Filmgeschichte sichert. Und genau das wurde Yelchin: Ein Held des Alltags, ein struwwelköpfiger Nerd, ein Sportler der Postmoderne quasi, der das Leben mit dem Hirn zu meistern wusste und dadurch die Herzen von Frauen wie Imogen Poots, Addison Timlin und Alexandra Daddario im Sturm eroberte. Respekt.

In Filmen wie Fright Night, Odd Thomas oder Weg mit der Ex wurde wir Zeuge von genau diesem Rollentypus, den Anton Yelchin so fantastisch auszufüllen wusste: Einem, im Prinzip, unauffälligen Jugendlichen, aber gleichzeitig auch veritablen Charmebolzen, der mit den Situationen, die auf ihn einschlagen, stetig wächst und es mit allerhand übernatürlichem Geschöpf aufzunehmen vermag. Eine Eigenschaft, die sich auch auf die Person Anton Yelchin transferieren lässt, der von Kollegen immer als engagierter, leidenschaftlicher und an konstruktiver Kritik geradezu brennend interessierter Künstler galt. Wenngleich ihm die schauspielerische Finesse eines, sagen wir, Marlon Brando oder Joquin Phoenix nicht zuteil geworden ist, bewies Yelchin durch seine emotionalen Performances im Liebesfilm Like Crazydem Familiendrama Der Biber oder Jim Jarmuschs Vampir-Poem Only Lovers Left Alivewarum er eine so gefragte Marke im Independent-Bereich darstellte. Der Spagat zwischen Arthouse und Mainstream stand ihm ohnehin wunderbar zu Gesicht, seine Offenherzigkeit war die Stimme, mit der er sich in allen Bereichen Gehör verschaffen konnte. 

Doch nun ist diese Stimme verstummt und es heißt unversehens Abschiednehmen. Ein unvollendetes Schaffen blickt uns kummervoll entgegen; ein offenes Ende, in dem Verheißung voller Tragik verfließt. Anton Yelchin wird uns fehlen, vielleicht nicht in den Nominierungslisten hochdekorierter Filmpreise, aber im Herzen. Der Tod bleibt für Außenstehende eine Erfahrung, die vor allem in Ratlosigkeit verweilen lässt. Das wird dieser Tage wieder schmerzhaft bewusst.

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