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5 Gründe, warum The Big Bang Theory feige ist

von Sebastian Groß

1. Charakterliche Entwicklungen
Die Beziehung zwischen Dr. Leonard Hofstadter (Johnny Galecki, „In Time – Deine Zeit läuft ab“) und Penny (Kaley Cuoco, "Hob - Osterhase oder Superstar") ist eines der zentralen Handlungselemente der Serie. Dennoch verzichtet „The Big Bang Theory“ darauf, seinen Charakteren eine echte Entwicklung zu spendieren. Statt den Figuren eine interessante, persönliche Evolution zu verpassen, dreschen die Autoren lieber mit der Comedy-Rute drauf und erzeugen so Witzelein, die zwar die Figuren mitformen, allerdings nur in eine äußerst plumpe Richtung. Warum z.B. werden die diversen Spleens von Raj, Amy und Konsorten nie wirklich hinterfragt? Es gäbe so viel in der Serie, welches genauer beleuchtet werden könnte, doch die Macher vertrauen lieber auf schnelle, gut verdauliche Gags, die teilweise aus der Retorte stammen. „The Big Bang Theory“ ist das reinste Schaulaufen der sogenannten Running Gags. Gewiss, das ist gut zu konsumieren, aber diese schiere Mutlosigkeit ist einfach nur störend und verhindert auf rabiate Art und Weise, dass sich innerhalb der Serie neue Facetten bilden können.
 
2. Penny und der Alkoholismus
Es ist nicht nur bei „The Big Bang Theory“ so, sondern auch bei zig anderen Sitcoms und Comedy-Serien z.B. „Mike & Molly“ oder „Modern Family“. Überall wird ausgiebig Alkohol getrunken. Natürlich meist so, dass es erst beim zweiten oder dritten Blick auffällt. Fakt ist aber nun mal, dass es kaum noch eine Serie gibt, in der Figuren, wenn sie sich in ihren heimischen vier Wänden befinden, kein volles Weinglas oder Bierflasche in der Hand halten. Bei „The Big Bang Theory“ ist es die gute Penny, die so ziemlich in jeder Folge ihre Sorgen bzw. persönlichen Frust mit Alkohol runterspült. Die Serie generiert daraus sogar die ein oder andere Situationskomik und mittlerweile ist Pennys Alkoholkonsum sogar schon zu einer Art Running Gag geworden. Was wäre es für eine Chance, diese zu thematisieren, innerhalb der Serie? Selbstverständlich ist „The Big Bang Theroy“ eine Sitcom, die Lacher generieren will, doch was spricht dagegen, diese verschlossene Korsett etwas zu lösen? Was spricht dagegen, einmal etwas Mutiges zu wagen und es ehrlich, aber nicht ohne Humor, offenzulegen, dass die arme Penny vielleicht doch ein Problem hat, welches sich nicht mit simplen Aussprachen und klugen Ratschlägen vertreiben lässt. „The Big Bang Theory“ fehlt diesbezüglich leider die Courage. Die Angst den Zuschauer zu verschrecken ist dann doch zu immanent. Und so stellt sich letztlich die kulturpessimistische Frage, was die Macher nicht nur von ihren Figuren, sondern auch von ihren Zuschauern halten?
 
3. Sheldon und das Asberger-Syndrome
Auf die Frage, ob Dr. Sheldon Cooper (Jim Parsons, „Wish I was here“) ganz normal ist, antwortet dieser eigentlich immer mit den Worten „Ja, ich wurde getestet“. Im späteren Verlauf der Serie, stellt Sheldons Mutter (Laurie Metcalf, „Scream 2“) aber fest, dass der Arzt, der ihren Sohn einst untersuchte, vielleicht doch nicht ganz so vertrauenswürdig war wie es Sheldons Erinnerung wiedergibt. Sprechen wir es doch einfach einmal klar aus: Sheldon Cooper hat das Asberger-Syndrome. Warum nur traut sich „The Big Bang Theory“ nicht, dies offen auszusprechen? Wieso zum Teufel wagt es die Serie die unzähligen „Macken“ von Sheldon Gags als Gagvorlage zu nutzen, weigert sich aber, der Realität ins Auge zu blicken? Liegt es vielleicht daran, dass das Asberger-Syndrome eine Form von Autismus ist und man darüber ja bekanntlich nicht lachen darf? Aber wieso darf man das nicht? Es gibt ja einen gewichtigen Unterschied zwischen lachen uns auslachen. „The Big Bang Theory“ hat ganz einfach nicht den nötigen Schneid dafür. Statt wohltuendem Klartext gibt es nur das atypische Unter-den-Teppich-kehren. Bedauerlich. Dass man einer Figur trotz Asberger-Syndrome ernst nehmen kann und dennoch über sie lachen kann, ohne das einem konservative, schlechte Gewissen plagt, zeigt übrigens die dänische Krimiserie „Die Brücke – Transit in den Tod“.
 
4. Angst vor Homosexualität
Raj (Kunal Nayyar, „Ice Age 4 – Voll verschoben“) und Howard (Simon Helberg, „A Serious Man“) sind beste Freunde. Doch es gab immer wieder Momente in der Serie, in der sich ein homosexueller Tonus einschlich. Mal bewusst offensiv (etwa wenn sie versuchen einen Streit mit Hilfe eines Ringkampes zu entscheiden), mal eher dezent. Nun gut, Howard und Bernadette (Melissa Rauch, „Trauzeuge gesucht“) sind inzwischen verheiratet und auch Raj hat seinen selektiven Mutismus (er konnte sehr lange nicht mit Frauen sprechen) überwunden - übrigens eine Zeit lang nur mit Alkohol (siehe Punkt 2). Das heißt nicht, dass das Thema Homosexualität vom Tisch ist. Mit Amy Farrah Fowler (Mayim Bialik, „Freundinnen“), quasi ein weibliches Äquivalent von Sheldon, betrat in der dritten Staffel die Bühne der Serie und wurde schnell zu einer weiteren Hauptfigur. Amy, die zu Beginn kein Interesse an sexuellen Kontakten pflegte, veränderte diesbezüglich ihre Meinung recht schnell. Die Witze rund um ihre Person ergeben sich meist aus ihrer charakterlichen Disposition, sowie ihrem Wunsch sexuell aktiv zu werden. Dabei scheint Amy das Geschlecht des Partner egal zu sein und baggert gerne auch mal Penny an. Doch die Homosexualität bleibt immer unausgesprochen und verweilt im Schatten der Gagmanufraktur. Aber was wäre so verkehrt daran, dass Amy ohne Wenn und Aber als lesbisch oder bi-sexuell geoutet wird? „The Big Bang Theory“ macht gerne Witze über Homosexualität, wirklich stattfinden darf sie aber nicht. Sehr feige.
 
5. Nerds sind Freaks
Montagabend bei einer Familie, die sich selbst als „normal“ bezeichnet. Es wird „The Big Bang Theory“ geschaut und es wird herzlich gelacht. Warum? Nun, die Serie zeigt diesen ganzen gewöhnlichen Leuten, wie diese „seltsamen“ Menschen, diese Nerds, ihr Leben bestreiten. Dadurch wird das Nerdtum medial definiert. Ein Nerd hat gefälligst klug zu sein, muss alle „Star Trek“-Episoden auswendig kennen, Unmengen von Geld für Devotionalien ausgeben und ist selbstverständlich total aufgeschmissen, wenn er mit der profanen Normalität konfrontiert wird. Es ist einfach die Erfolgsformel von Serienschöpfer Chuck Lorre. Er präsentiert seinem Publikum scheinbar andersartige Lebens- und Kulturstrukturen und verkauft die Erkenntnis, dass auch Menschen außerhalb des 08/15-Rasters ganz alltägliche Probleme haben. Dies impliziert jedoch ganz deutlich, dass Nerds letztlich Freaks sind. Das ist im Kern die große Aussage von „The Big Bang Theory“. Das Nerds vielleicht doch so sind wie du und ich, er und sie, die da drüben und die da nebenan, ist eine Erkenntnis, die der Serie schmerzlich fehlt.

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