8.0

MB-Kritik

Roger Waters: The Wall 2014

Music – UK

8.0

Roger Waters
Jon Carin
Deedee Luxe

Inhalt

Der Konzertfilm zeigt Mitschnitte von Roger Waters’ Tournee, die zwischen 2010 und 2013 stattfand und in deren Rahmen der Musiker das klassische Pink-Floyd-Album The Wall aus dem Jahr 1979 auf die Bühne brachte.

Kritik

Aufwendige Live-Shows sind seit den späten 70er Jahren im Prinzip nichts Außergewöhnliches mehr, waren aber lange Zeit nur einem zahlenden Publikum vor Ort vorbehalten. Der Einfang der ganz speziellen Atmosphäre, die auf solch einem (Groß-)Event herrscht, kollidierte in der Vergangenheit oft mit den technischen Mitteln. Heißt natürlich nicht, dass es nicht auch grandiose Konzertaufnahme  aus längst vergangenen Tagen gibt. Selbst Filmgrößen wie Martin Scorsese versuchten sich an diesem Genre. Der Maestro ist für die hochgelobten Konzertfilme „The Last Waltz“ und „Shine a Light“ verantwortlich.

Unlängst im 21. Jahrhundert angekommen, gehört zu jeder multimedialen Band auch ein oder mehrere Veröffentlichung von Live-Auftritten auf DVD und Blu-Ray, die man sich dann entspannt auf dem heimischen Sofa einverleiben kann, anstatt sich als Teil der schwitzenden, pulsierenden Masse zu sehen. Es stellt sich allerdings weiterhin die Frage, ob ein Konzertfilm, der die ausgewählten Bilder mehrerer Kameras enthält, mit der ganz subjektiven Erfahrung eines Einzelnen konkurrieren kann und überhaupt will. In Sachen Inszenierung ist „Roger Waters: The Wall“ und der dazugehörige Film aber absolut auf der Höhe der Zeit, künftige Großprojekte müssen sich hieran messen lassen.

Roger Waters (*1943), ehemaliges Gründungsmitglied der britischen Band „Pink Floyd“, ist inzwischen im Großvateralter angekommen und könnte sich getrost mit Blick auf ein sehr abwechslungsreiches Leben zur Ruhe setzen. In den Jahren 2010 – 2013 war er mit einer Live-Show auf Welttournee, die seinesgleichen sucht. „The Wall“, das wohl bekannteste Album seiner ehemaliger, allerdings noch immer aktiven Band, war schon mehrfach Kern von Veröffentlichung. Da ist der aus Zeichentrick und Live-Action Sequenzen bestehende „Pink Floyd – The Wall“ aus dem Jahr 1982 ebenso zu nennen wie ein 1990 in Berlin aufgenommenes Konzert, welches auch als Heimkinoveröffentlichung verfügbar ist. Bereits da war er schon nicht mehr Teil von Pink Floyd, 2010 wurde das Konzert erstmalig wieder in voller Länge aufgeführt.

Um ein Monument für die Ewigkeit zu setzen, wurden weder Kosten noch Mühen gescheut. Die Tour hat 60 Millionen Dollar gekostet, spielte aber auch ein Vielfaches durch ausverkaufte Konzerte wieder ein. Nun folgt zwei Jahre nach dem letzten gegebenen Konzert die Heimkinoveröffentlichung. Hierfür hat Waters, der für seine kapitalismus-, wie gesellschaftskritischen Text bekannt ist, eine Erweiterung des Konzerts durchgeführt. Auf den Spuren seiner Vergangenheit besuchen wir mit ihm beispielsweise einen Gefallenenfriedhof, auf dem sein Großvater liegt. Das als Konzeptalbum über einen Musiker, der sich vom Leben enttäuscht und betrogen immer weiter abschottet und eine Mauer um sich erreichtet, weist bekanntlich einige autobiografische Bezüge auf. So fiel Waters Vater ebenso wie dessen Vater im Krieg, was ihn nach eigener Aussage noch heute beschäftigt.

Bewusst wählte der Sänger, Komponist, Texter und Bassist seinen eigenen Namen, und stellte ihn dem 79 erschienen Album voran. „Roger Waters – The Wall“ ist eine bis zur Perfektion durchchoreografierte One-Man Show, die ihn begleitenden Musiker (es sind über 20), stehen nur selten im gleißenden Scheinwerferlicht. Die Zeit ist an ihm aber auch nicht spurlos verbeigegangen. Selbstkritisch tritt er in einem Songmitschnitt von vor 30 Jahren gegen sich selbst an. Kein Roger Waters Konzert ohne politische Aussage. Mit den Möglichkeiten der großflächigen digitalen Projektion zaubern Waters und seine Crew fantastische Bilder auf die im Konzert stetig größer werdende Mauer. Mal sind Bilder von Kriegs- und Terroropfern auf der Leinwand, mal bombiert eine endlose Reihe an Bombern das Publikum mit religiösen und wirtschaftlichen Symbolen. Besonders die Kritik am Staat Israel handelte ihm in der Vergangenheit häufig Protesten ein.

Doch bei all der Überlegtheit, der gezielten Perfektion, geht eine Sachen verloren. Die wunderbaren Momente des Zufalls, wenn etwas nicht klappt, wie es eigentlich klappen sollte. In diesen Momenten werden die Musiker auf der Bühne von ihrer glottgleichen Position wieder zu normalen Menschen degradiert. In disesem Live-Auftritt geht alles glatt, ganz im Sinne Waters'. Der perfekte Konzertfilm.

Fazit

Eine auf Hochglanz und Perfektion getrimmte One-Man-Show des Briten Rogers Waters, der die Grenzen des Konzertfilms. Seine eingetreuten Live-Action Passagen geben dem Film eine gute Struktur, fallen aber durch den gestelzten Charakter leider auch etwas aus dem Raster. Wenn allzu pathetisch Blumen an ein Grab gelegt werden, fragt man sich, ob das wirklich nötig gewesen wäre. Im "richtigen" Teil des Konzertfilms stimmt hingegen alles, auch wenn sich nicht jeder mit der klaren politischen Meinung Waters' anfreunden kann und wird.

Autor: Magnus Knoll
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