4.5

MB-Kritik

Gehirnwäsche 1981

Drama, Thriller

4.5

Inhalt

Das Ehepaar Jack und Cindy Nilsson nimmt mit einigen ihrer Kollegen an einem Schulungsseminar für angehende Führungskräfte teil. Schon nach wenigen Minuten fällen die sonderbaren Methoden auf, aber um den beruflichen Aufstieg nicht zu gefährden halten sich zunächst alle zurück. Die kommenden Stunden und Tage werden zur Tortur, in denen der gesunde Menschenverstand längst verloren gegangen ist.

Kritik

Wo hört beruflicher Ehrgeiz auf und fängt ethische Selbstaufgabe an? Was bin ich bereit zu geben und ertrage ich über mich ergehen zu lassen, um den entscheidenden Schritt auf der Karriereleiter aufzusteigen, sei es nur die vage angedeutete Möglichkeit dazu? Und ab wann ist der Punkt erreicht, wo ich mich völlig entmenschliche, mich als Individuum beerdige oder ans Kreuz nageln lasse, nur um ein Teil des großen, erfolgreichen Ganzen zu sein? Viele interessante Fragen, die der danach völlig im TV verschwundene Regisseur Bobby Roth (Heartbreakers) mit seinem Low-Budget-Psycho-Thriller Gehirnwäsche anreißt, auch wenn er dies meist auf unbeholfene, fachlich wie psychologisch gering talentierte Weise praktiziert.

(Sehr) Lose beruhend auf einer wahren Begebenheit -  bei der ein Teilnehmer eines Selbstfindungs-Coachings ums Leben kam -,  spinnt sich das Script eine Geschichte rund um einige, kleinere bis mittlere Angestellte einer Werbeagentur zusammen, die wetteifernd um eine Führungsposition 3000 $ für ein Wochenendseminar bezahlen, nur um die geringe Chance zu nutzen, dass sie danach in der Hierarchie ihres rein auf Wirtschaftlichkeit und Effizienz getrimmten Unternehmens aus dem Schatten der Bedeutungslosigkeit und Austauschbarkeit heraustreten können. So auch ein Ehepaar, das als einziges recht gefestigt in diese sonderbare Veranstaltung hineintaucht, die ansonsten spezialisiert darauf scheint, über alle Teilnehmer im Vorfeld belastendes Material zu sammeln (was ihnen erstaunlich freigiebig von engsten Vertrauenspersonen überlassen wird, nur eine der vielen Baustellen), um es im „erlösenden“, „reinigenden“ Prozess mit voller Brutalität gegen sie zu verwenden, was von den bloßgestellten, gedemütigten, psychisch und teilweise auch physisch bis zur Unerträglichkeit gequälten Opfern am Ende danken angenommen wird. Denn nun sind sie befreit von ihren Lastern und gewillt, auch ihren Leidensgenossen auf dem Weg zur Genesung zu assistieren, sei es auch handfester Natur.

Ein interessanter Ansatz – der sowohl grenzwertige Methoden von sogenannten Teambuilding- und Life-Coaching-Scharlatanen wie insbesondere auch Sekten-Dynamiken bedient und hinterfragt – trifft auf eine leider sehr schlichte Inszenierung und insbesondere einen unglaubwürdig vorgetragenen Plot, dem es trotz separiert-eindringlicher Momente kaum gelingt, das Erzählte schlüssig zu untermauern, und sei es nur um der Wirkung, der moralisch-ethischen Parabel willen. Mit guten, wichtigen und kritischen Anliegen in Herz und Kopf scheitert Gehirnwäsche an seiner plumpen Vorgehensweise, die es nicht vermag das Unfassbare greifbar zu reflektieren. Dass so was möglich ist, ist belegt und wurde auch filmisch schon vielfach grob rekapituliert, auch da nicht immer astrein, aber das Ding an sich ist kein Hirngespinst. Praktisch jede Sekte generiert so ihre Mitglieder. So was aber in der Kürze der Zeit und ohne entsprechende Rahmenbedingungen (vergleichbar: Das Experiment, wo zumindest ein Rollenspiel Gut und Böse definiert wurde) aufzuziehen und nur vor dem Hintergrund, dass jede Demütigung akzeptiert und sofort im Anschluss als „reinigend“ angenommen wird, nur weil alle um ihren Job bangen oder zu feige sind, das ist – zumindest so erzählt – viel zu dünn.

Fazit

Würde die Gratwanderung von Satire, Horrorfilm und moralischem Warnschild gelingen, Gehirnwäsche würde (wahrscheinlich auch sehr gerne) an die frühen Arbeiten von David Cronenberg erinnern, irgendwie schwebt diese Assoziation manchmal lose im Raum. Prallt dafür postwendend an eine Mauer des Unvermögens. Trotzdem besitzt der Film durchaus gelungene Reizpunkte, die sich aber nicht in ein rundes Gesamtbild fügen mögen. Kein durchgehend uninteressanter B-Film, dem aber das entsprechende Knowhow in den wichtigen Belangen deutlich abgeht.

Autor: Jacko Kunze
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