5.8

MB-Kritik

Die Bestie aus dem Weltraum 1957

Action, Sci-Fi, Adventure, Horror, Thriller, Fantasy, Family – USA

5.8

William Hopper
Joan Taylor
Frank Puglia
John Zaremba
Thomas Browne Henry
Tito Vuolo
Jan Arvan
Arthur Space
Bart Braverman
Sid Cassel
Paul Cristo
Noel Drayton
Darlene Fields
Duke Fishman
Michael Garth
Ray Harryhausen

Inhalt

Ein sich auf dem Rückflug aus dem Weltraum befindliches amerikanisches Raumschiff muss vor der italienischen Küste notlanden. Im Zuge dessen geht ein Kanister mit einer sich darin befindlichen gallertatrigen Masse verloren und wird an den Strand eines Fischerdorfs gespült. Von einem Jungen gefunden wird der Inhalt an einen Doktor der Zoologie verkauft. Aus der Masse schlüpft eine Lebensform, die der Doktor schließlich in den römischen Zoo bringen möchte. Doch kann sich die Kreatur, die in kürzester Zeit deutlich gewachsen ist, auf dem Weg dahin befreien und entkommen. Die Amerikaner, die in der Zwischenzeit in Italien angekommen sind, nehmen die Verfolgung auf.

Kritik

Science Fiction der 50er: Außerirdische Bedrohung und irdische Monster der Superlative

In den 50er-Jahren griff Hollywood die Ängste und Unsicherheiten der amerikanischen Bevölkerung, die aus dem Kalten Krieg sowie erschreckenden Atomwaffen geboren waren, auf und verpackte sie in Science-Fiction-Filmen. Entsprechend häufig fanden im filmischen Kontext Angriffe von außen oder eben innen heraus statt. In Kampf der Welten waren Außerirdische gewillt, die Menschheit mit groß angelegtem Waffenaufgebot zu vernichten. In Die Dämonischen wollten Aliens die Vernichtung der Menschen subtiler angehen und begannen uns heimlich zu unterwandern. Außerdem bedrohten gemäß dem Sprichwort „the bigger the better“, riesige terrestrische Kreaturen wie etwa Spinnen (Tarantula), Ameisen (Formicula), Gottesanbeterinnen (The Deadly Mantis) und gar Saurier (Panik in New York) die Menschheit. Genau in diese Kerbe schlägt auch der aus dem Jahr 1957 stammende Film Die Bestie aus dem Weltraum, indem hier übergroße Körpermaße mit einer außerirdischen Herkunft vereint werden. Nur macht die Kreatur in 20 Million Miles to Earth, so der Originaltitel des Films, zur Abwechslung einmal nicht Amerika, sondern Italien unsicher. Inszeniert wurde der in Schwarzweiß gedrehte Film von Nathan H. Juran, der bereits unmittelbar davor mit The Deadly Mantis als auch direkt danach mit Attack of the 50 Foot Woman große Geschöpfe auf die Menschheit los ließ.

Parallelen zu Genregrößen: Von Menschenaffen und Echsen

Optisch erinnert die Kreatur aus 20 Million Miles to Earth an eine Mischung aus King Kong und Godzilla. Mit ihrer schuppigen Haut, dem echsenartigen Kopf sowie dem langen Schwanz ähnelt sie einem Reptil, doch steht sie aufrecht und weist eine nahezu menschliche bzw. menschenaffenähnliche Statur auf. Außerdem wächst die zunächst winzige Kreatur rasch und nimmt später riesige Ausmaße an. Doch nicht nur was das Erscheinungsbild angeht, erinnert das außerirdische Wesen aus Jurans Werk an die beiden Genregrößen. Auch im Aufeinandertreffen mit der Spezies Mensch zeichnen sich deutliche Parallelen ab. Um als Attraktion zu dienen, wird King Kong von Menschen aus seinem natürlichen Lebensraum entführt. Er findet sich in einem ihm gänzlich fremden Umfeld wieder, und als er sich, da er sich bedroht fühlt, befreien kann, greift man ihn mit Waffengewalt an. Godzilla wiederum wird durch vom Menschen durchgeführte Atomtests aufgeweckt und findet sich ebenfalls in einer ihm fremd gewordenen Umwelt wieder. Dies ruft das Militär auf den Plan, welches die riesige Echse mit allen Mitteln vernichten will. Ganz ähnlich sieht es im Falle von 20 Million Miles to Earth aus. Raumfahrer entführen eine noch ungeborene Kreatur im Namen der Wissenschaft und bringen diese auf die Erde. Der Grund: Auf der Venus gibt es wertvolle Mineralien, die man zum Zwecke des Fortbestands der Menschheit abbauen möchte. Da der Mensch mit dem bisherigen Technikstand auf dem fernen Planeten allerdings nicht überleben kann, will man die Kreatur analysieren sowie mit ihr experimentieren, um so eine Lösung für dieses Problem finden. An die Möglichkeit, dass die Kreatur auf der Erde freikommen könnte, wurde im Vorfeld selbstverständlich nicht gedacht.

Zum Wohle der Menschheit: Irdischer Horror oder extraterrestrisches Drama

Dabei klingt die doch sehr unspezifisch gehaltene Aussage „Mineralien, die für den Fortbestand der Menschheit von unschätzbarem Wert sind“ so, als dürfe man durchaus Gier nach Ressourcen und Kapitalismus als Motivation hinter dem geplanten Abbau unterstellen. Letztendlich stellt der Grund für den Ausflug zur Venus allerdings eine bloße Randnotiz dar, die innerhalb des Films nur beiläufig Erwähnung findet. Im Grunde geht es schlichtweg darum, dass eine außerirdische Kreatur sich frei auf der Erde bewegt und dies nicht sein darf. Das Wesen will also gefunden sowie unter Kontrolle gebracht werden. Sonderlich sensibel geht der bunte Haufen aus Charakteren, bei dem vom militärischen Major über Wissenschaftler bis hin zu ZivilistInnen alles vertreten ist, nicht vor. Obwohl bereits früh hier und da richtige Schlüsse über das Verhalten der Kreatur gezogen werden, im Grunde keine der „relevanten“ Personen boshaft porträtiert wird und die Charaktere allem Anschein nach nur aus bestem Gewissen heraus sowie mit „guten“ Intentionen agieren, wirkt das Vorgehen respektive die ergriffenen Maßnahmen vielmehr plump, ungestüm und so in ihrer Konsequenz letztlich empathielos. Gruselig oder gar erschreckend wirkt 20 Million Miles to Earth nicht, zumal der Film tonal auch alles andere als düster gehalten ist. Vielmehr empfindet man rasch Mitleid mit der extraterrestrischen Kreatur. Es wäre in diesem Zusammenhang äußerst interessant, wie der Film auf das damalige Publikum gewirkt hat und ob dieses Sympathie für das Wesen empfand oder ob es aufgrund der Spezialeffekte derart überwältigt war, dass es nicht auf das Vorgehen der Figuren inkl. der motivationalen Triebfeder für die Entführung des Wesens sowie dessen Verhalten achten konnten. Zumal all das durch das Drehbuch kaum bis gar nicht erwähnt beziehungsweise kritisch hinterfragt wird.

Stranger in a Strange Land: Der bemitleidenswerte Ymir

Die von Ray Harryhausen erdachte bzw. kreierte Kreatur wurde im Vorfeld auf den Namen Ymir bzw. „The giant Ymir“ getauft und obgleich dieser Name innerhalb des Films keine Verwendung findet, wird er ab sofort genutzt werden. Ymir ist ein armer Kerl, dessen Leben ausschließlich von durch Menschen geschaffenem Leid geprägt ist. Noch nicht geschlüpft, wird er von seinem Heimatplaneten verschleppt. Unmittelbar nachdem er das Licht der Welt erblickt hat, wird er als noch winzige Lebensform von aus seiner Sicht riesigen Wesen gepackt und in einen Käfig gesteckt. Um Interaktion mit ihm ist man nicht bemüht, er soll bloß schnellstens in den Zoo verfrachtet werden. Später wird er bedrängt, bedroht, in die Enge getrieben und es werden ihm immer wieder aufs Neue Schmerzen zugefügt. Man erkennt anhand Ymirs Verhaltens, dass durch unsichere und vorsichtige Bewegungen gekennzeichnet ist, dass er nicht bösartig, sondern bloß eingeschüchtert ist. Er hat weder Artgenossen noch Lebewesen, die ihm wohlgesinnt wären, denn sowohl Tiere als auch Menschen begegnen ihm allesamt feindlich oder fliehen panisch und lautstark vor ihm. Dabei besitzt er, anders als z.B. Tarantula, der Xenomorph aus Alien oder The Deadly Mantis nicht einmal einen naturgegebenen Jagdtrieb. Wenn Ymir offensiv agiert, so ist klar ersichtlich, dass er sich stets nur verteidigt und er letztlich eine Opferrolle innehat. Schlussendlich kann einem Ymir, der einfach nur existieren möchte und gar nicht weiß, wie ihm geschieht, schlichtweg nur leidtun. Denn er hat, anders als der inhaltlich stellenweise gar nicht mal so weit entfernte E.T. - Der Außerirdische niemanden, der ihm hilft bzw. sich seiner annimmt.

Ray Harryhausen und Stop-Motion: Eine Legende bei der Arbeit

Für die Spezialeffekte zeichnet sich dabei kein geringerer als der legendäre Ray Harryhausen verantwortlich. Dieser hatte sich die Kunst der Stop-Motion angeeignet und über die Jahre regelrecht perfektioniert. Die wohl bekanntesten Werke, die von seiner Arbeit profitieren, um nicht zu sagen leben, sind wohl Die geheimnisvolle Insel, Jason und die Argonauten oder aber Sindbad und das Auge des Tigers. Beim Stop-Motion handelt es sich um ein aufwendiges Verfahren, bei dem zahlreiche Einzelbilder, auf denen minimale Veränderungen vorherrschen, aneinandergereiht werden, wodurch letztlich die Illusion von Bewegung entsteht. So verändert man beispielsweise in geringem Maße die Position der Gliedmaßen einer Puppe und macht für jede einzelne Justierung eine Aufnahme. Die einzelnen Bilder spielt man schnell nacheinander ab und erweckt so den Anschein von flüssiger Bewegung. In etwa so wie beim gezeichneten Daumenkino. Entsprechend toll sehen die Effekte, die gleichzeitig klar das Aushängeschild von 20 Million Miles to Earth sind, auch aus. Ymirs Bewegungen sind sehr gut umgesetzt und auch die Aufnahmen in Rom sowie die Zerstörung römischer Bauten sind imposant in Szene gesetzt worden. Harryhausens Liebe fürs Detail sowie für das von ihm erschaffene Wesen ist es zu verdanken, dass man auch ohne Erklärungen versteht, wie Ymir sich fühlt. Dennoch dürften die Spezialeffekte einem an heutige Effektstandards gewöhnten Publikum vermutlich nur ein müdes Lächeln abverlangen, da dieses die Arbeit hinter den Effekten höchstwahrscheinlich nicht erkennt und entsprechend nicht zu schätzen weiß. Ungeachtet dessen hat man es hier mit für die damalige Zeit hervorragender Effektarbeit zu tun, die über jeden Zweifel erhaben ist. Stop-Motion-Fans werden im Falle von 20 Million Miles to Earth daher bestens bedient.

Wo Licht ist, ist auch Schatten: Das schwache Drehbuch

Die große Schwäche von 20 Million Miles to Earth ist, was sich evtl. bereits angekündigt hat, das Drehbuch. Denn nicht nur der relativ unkritische Umgang mit dem Vorgehen der menschlichen ProtagonistInnen ist problematisch, auch die Vielzahl an Stereotypen sind wenig erfreulich. Das schließt sowohl die Hauptfiguren wie etwa den feschen und verwegenen Raumschiffpiloten ein als auch die Bevölkerung des Fischerdorfs. Hier hat man es mit dem Ausspruch „Bella Italia“ doch etwas zu gut gemeint, denn das kleine italienische Fischerdorf könnte geradezu einem Heimatfilm entsprungen sein. Das Leben dort wirkt stark romantisiert, von Armut oder einem harten Alltag keine Spur. Bewohnt wird es von glücklichen sowie herzensguten, aber auch sehr einfachen gestrickten Menschen. Wobei dies nicht ganz stimmt, denn  AkademikerInnen in Form eines Doktors für Zoologie und dessen Enkelin, eine angehende Ärztin, sind davon seitens des Drehbuchs selbstredend ausgenommen. Im Kontrast dazu natürlich die anrückenden Amerikaner. Später lässt man noch die obligatorische Romanze zwischen der schönen Einheimischen und dem gleichermaßen verwegenen wie gut aussehenden Raumschiffpiloten erblühen. Diese wird in ihrer Kürze und Banalität regelrecht fehl am Platz, nimmt aber gleichzeitig auch keinen nennenswerten Raum ein. Wenn der tolle Amerikaner kommt, hat man als Europäerin schließlich keine andere Wahl, als sich ihm fix an den Hals zu werfen und sei er auch noch so herablassend. Das Schauspiel der DarstellerInnen geht in Ordnung, mehr aber auch nicht. Die größte Sympathiefigur stellt, ohne dass das Drehbuch dies nennenswert befeuern würde, der Antagonist des Films dar. Immerhin kann man 20 Million Miles to Earth attestieren, dass er, wenn auch ungewollt, gekonnt aufzeigt, wie die erste Kontaktaufnahme mit einer unbekannten Lebensform nicht aussehen sollte.

Fazit

Mit „20 Million Miles to Earth“ lässt Regisseur Nathan H. Juran eine außerirdische Kreatur von Menschen verschleppen, um an ihr zu forschen. Die Spezialeffekte wurden dabei von keinem Geringeren als Ray Harryhausen erstellt und stellen dementsprechend das klare Highlight des Films dar. Regelrecht enttäuschend fällt dagegen das Drehbuch aus. Dieses zeichnet sich durch Stereotypen, eine doch recht simple Handlung sowie durch fehlende kritische Untertöne aus. Dennoch ist der Film rund um den armen Außerirdischen sehenswert und gerade für Fans von Harryhausen oder von Stop-Motion-Effekten im Allgemeinen stellt die Sichtung von „20 Million Miles to Earth“ geradezu ein Muss dar.

Autor: Constantin Wieckhorst
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