Bildnachweis: Kepler Interactive / Ironwood Studios

Videospiel "Pacific Drive" im Test

von Sebastian Stumbek

Story

Die Olympic Exclusion Zone ist seit Jahrzehnten von der Außenwelt abgeschnitten. Hinter der 400-Meter Mauer ist sie zu einer mysteriösen Fratze von dem geworden, was wir als den Pazifischen Nordwesten kennen - Und genau dort seid ihr gelandet. Auf der Suche nach einem Weg aus der Zone müsst ihr euch ganz auf euren Erfindungsreichtum und euren robusten Kombi verlassen.

Kritik

Ein Survival-Spiel der etwas anderen Art: In Pacific Drive dreht sich alles um ein Auto, das nicht nur Schutz vor zahlreichen Gefahren innerhalb einer verseuchten Zone voller sonderbarer Anomalien bietet, sondern auch als treues Gefährt beinahe die einzige Möglichkeit ist, sich darin sicher fortzubewegen. Das sorgte bereits bei der Ankündigung im Sommer 2022 für reichlich Interesse und ist nun auf Playstation 5 und dem PC endlich spielbar. Hinter dem Projekt steht das junge Indie-Team Ironwood Studios, das sich innerhalb der Corona-Pandemie zu viert zusammengefunden hat und gemeinsam an seiner originellen Idee gearbeitet hat.

Wenn wir im Prolog auf unerklärliche Weise in die ummauerte Zone gesogen werden, spielt sich um uns herum sogleich ein albtraumhaftes Szenario aus paranormalen Ereignissen ab. Einzige Rettung ist eine alte Schrottkarre, die uns gerade so zu einer abgelegenen Garage führt und fortan unser sicherer Hafen ist. Hier wird von nun an an unserem Gefährt gebastelt, mit knappen Vorräten hantiert, um neue Teile oder nützliche Tools zu erschaffen und der nächste Einsatzort geplant, um in der Story voranzuschreiten und weitere Ressourcen zu ergattern, die uns dabei helfen. Das Hauptziel ist klar: Hier wieder zu entkommen. Doch bis dahin ist es ein anstrengender Weg.

Die Ausflüge in die Zone sind zunächst durchaus spannend, da man nicht weiß, welch Schrecken einen dort erwartet. Neben gefährlichen Wettereinflüssen bekommt man es auch schnell mit Gegnern in Form von Anomalien zu tun, die uns das Leben noch schwerer machen. Einige davon haften sich an unseren Wagen, um die Elektronik durchbrennen zu lassen, andere flitzen mit Sägeblättern über den Boden und zerstören alles, was ihnen in den Weg kommt. Da wir es hier nicht mit einem Shooter zu tun haben, ist in der Regel die einzige Chance zu überleben, das Weite zu suchen. Oder mit der Zeit  auf ein paar freigeschaltete Gimmicks zu setzen, die unsere Karre ein Stück weit resistenter und wehrhafter machen.

Geht diese aber erst einmal kaputt, ist unser Trip fehlgeschlagen und wir verlieren nahezu alles, was wir mühsam erbeutet haben. Das passiert schneller als einem lieb ist und ist gleichzeitig äußerst frustrierend. Denn abseits der angesprochenen Gegner gibt es noch reichlich andere Hindernisse auf unserem Weg. Wer nicht vorsichtig fährt, nimmt auf dem verwitterten Gelände auch so überall Schaden, wenn man irgendwo kollidiert. Wäre vorsichtiges, langsames Fahren da nicht die Lösung? Könnte man meinen, wenn nicht die Uhr ticken und den Zeitdruck erhöhen würde. Denn wer sich zu lange draußen aufhält, bekommt es schnell mit zerstörerischen Stürmen zu tun. Und in diese will man wahrlich nicht geraten, da vom Auto danach oftmals nicht mehr viel übrig bleibt. 

Daher verbringt man viel Zeit in der Garage, um Reparaturen vorzunehmen oder neue Bauteile zu entwickeln (die nötigen Ressourcen dafür vorausgesetzt). So werden mit der Zeit aus rostigen Türen gepanzerte, die Sommerreifen durch Offroad Räder gewechselt und der Benzintank vergrößert. Dafür gibt es mehrere Entwicklungsbäume, in denen man durch Freischaltung neuer Knoten an die Baupläne für neues Gear herankommt, wonach schließlich die eigentliche Entwicklung beginnt. Doch nicht nur das Auto bietet zahlreiche Upgrades, auch die Garage selbst wird nach und nach mit neuen Maschinen auf Vordermann gebracht und erweitert damit fortlaufend den Spielraum. All diese umfangreichen Tüfteleien sind wohl die größten Starken von Pacific Drive, da der hier erfolgte Fortschritt stets sehr befriedigend ausfällt und sich spürbar aufs Gameplay auswirkt.

Doch das ist, wie bereits erwähnt, ein mühsamer Weg, der viele Touren in die Zone erforderlich macht. Die anfängliche Spannung nimmt mit der Zeit leider ab, da sich am eigentlichen Ablauf nicht viel ändert. Man fährt raus, klappert alle markierten Orte auf der Karte ab, sammelt alles ein, was nicht niet und nagelfest ist und versucht sicher zu entkommen. Die besuchten Regionen der Welt mögen zwar sehr atmosphärisch gestaltet sein und vermitteln stets eine ernst zu nehmende Bedrohung, doch gibt es abseits der erwähnten Orte nicht viel zu entdecken. Keine zufälligen Events, keine anderen Personen, keine überraschenden Entdeckungen. In dieser Hinsicht lässt Pacific Drive reichlich Potenzial liegen. 

Die Story mag zwar einen roten Faden ins Spielgeschehen bringen und hat einige amüsante Funksprüche mit drei anderen Kontaktpersonen auf Lager, ist aber auch nur grober Wegweiser durch das Abenteuer. Natürlich möchte man wissen, wie es ausgeht und was hinter alledem steckt, sodass durchaus Motivation ins Spiel kommt, doch das Missionsdesign selbst bleibt dabei sehr simpel und wiederholt sich im Kern. Inwiefern das einen nun stört oder nicht, hängt letztendlich davon ab, wie viel Spaß man generell mit Pacific Drive hat. Es ist ein Spiel, das sicherlich nicht alle ansprechen, andere dafür aber begeistern wird. Qualitäten sind ja durchaus vorhanden.

Technisch macht das Spiel eine gute Figur und läuft auf der getesteten PS5 stets schön flüssig und ohne nervige Bugs. Dass wir es hier mit keinem Grafikkracher zu tun haben, sollte jedem klar sein, ist aber auch kein Problem. Denn dafür, dass Pacific Drive von solch einem kleinen Team entwickelt wurde, sieht es sogar überraschend gut aus. Auch der Sound lässt keine Wünsche offen. Dass man darüber hinaus die Funktionen des DualSense Controllers sehr ordentlich unterstützt, ist ebenfalls sehr löblich. Mittels Optionen an der Barrierefreiheit lassen sich zudem einige störende Elemente auf Wunsch ausschalten, die das Spiel zugänglicher machen.


Fazit

"Pacific Drive" liegt eine abgefahrene Idee zugrunde, die definitiv neugierig macht, indem es eine alte Schrottkarre zum Zentrum eines Survival-Abenteuers macht. Und was ein kleines Indie-Team daraus gebastelt hat, kann sich absolut sehen lassen und wird sicherlich seine Fangemeinde finden. Mit seinem repetitiven und allgemein auch etwas langsam gepacten Ablauf, der auch gern mit etwas Frust verbunden ist, dürften allerdings nicht alle damit warm werden. Am besten vorher ein paar Gameplay-Videos anschauen, um selbst beurteilen zu können, wie sehr einen das Game anspricht. 

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