Außerdem gibt es jetzt eine Diplomatie-Währung, die Gefallen. In
forderten deine "Freunde" einfach mal so 5000 Gold von dir, jetzt geben sie dir dafür einen Gefallen. Genützt haben mir diese Gefallen bis jetzt noch nicht.
Die Aliens sollen sich deutlich von den Barbaren, die sie ersetzen, unterscheiden. Sie sollen eine Art eigene Fraktion sein und keine hirnlosen Aggressoren. Das funktioniert zuweilen auch ganz gut, sie greifen dich nicht immer an, wenn du in ihrer Nähe bist. Aber es wäre schlüssiger gewesen, wenn ihre Aggression sich mit zunehmender Dauer einer Partie gegen Reinheits- und Vorherrschafts-Affinitäten richten und Harmonie-Affinitäten in Ruhe lassen. Aber nein, sie greifen sogar ihresgleichen an, wenn sie Teil meiner Armee sind (ja, man kann einige ziemlich coole Alien-Einheiten rekrutieren).
Das Thema ist höchst strapaziert im Sci-Fi-Genre. Es gibt tausende Geschichten über die Flucht von der verschmutzten Erde und der Zuflucht auf neuen Planeten und Beyond Earth erfindet auch hier das Rad nicht neu. Womöglich ist das sogar das größte Manko des Spiels.
"Civilization V" hat seinen Suchtfaktor unter anderem durch den Geschichtsaspekt ausgelöst. Man konnte die Rolle von historischen Persönlichkeiten übernehmen und ein reales Reich in eine glorreiche Zukunft führen. Dabei hatte alles durch konsequente Sozialpolitik- und Technologiesysteme Hand und Fuß und war greifbar. Das fehlt diesem Teil zwangsläufig. Es wirkt alles haltlos, man entwickelt keinen Bezug zu dieser Welt. Die Staatsoberhäupter sind gesichtslose austauschbare Pappfiguren, die Technologien sehr abstrakt und die Siegmöglichkeiten nicht vollkommen schlüssig. Das wird der Langzeitmotivation sehr schaden.
Ebenfalls für eine kurze Spieldauer sorgen die lächerlichen 64 Achievements. In
"Civilization V"war das Achievement-Hunting zumindest für mich ein wichtiger Aspekt des Spiels. Nach Hunderten Stunden hatte ich 232 von 287 Achievements, wovon einige ziemlich aufwendig waren. Jetzt habe ich nach 33 Stunden und 5 Partien 47 von 64 Achievements (ich hab es aber auch darauf angelegt). Ich gehe davon aus, dass ich die restlichen noch alle (!) im Laufe der nächsten Woche bekommen kann. Selbstverständlich sind ein Großteil der Achievements in
"Civilization V" durch DLCs hinzugekommen, aber dennoch hatte auch das ursprüngliche Spiel mehr und fordernde Herausforderungen.
Der nächste Patzer: Es gibt keine Szenarien. Einer der elementarsten Bestandteile der Reihe wurde einfach ausgelassen (oder ich habe sie noch nicht gefunden, wovon ich nicht ausgehe). No-Go.
Jetzt aber genug gemeckert. Was macht "Civilization: Beyond Earth" dennoch spielenswert?
Das vertraute Spielsystem macht auch hier Spaß und die "Nur-noch-eine-Runde-Sucht" greift wieder. Eine extreme Weiterentwicklung und Entfernung vom letzten Teil hätte zu einer längeren Akklimatisierung geführt und auf lange Sicht eine größere Herausforderung dargestellt. Dafür ist so der Einstieg sehr viel leichter.
Wichtigster Pluspunkt: Das Technologienetz. Weg vom linearen Technologiebaum setzt Beyond Earth auf eine freies Technologienetz, wo man sich in alle Richtungen entwickeln kann und für jeden Knoten zwei oder drei voneinander unabhängige Unterknoten erforschen kann. Dabei greift das Technologiesystem direkt mit dem zweiten großen neuen System ineinander, den Affinitäten. Denn verschiedene Technologien schalten Affinitätspunkte frei (so orientiert man sich beispielsweise bei Erforschung der Alien-Adaptation in Richtung Harmonie). Das ist zumindest die Hauptquelle für Affinitätspunkte, durch das Kultursystem und erfüllte Quests kann man auch noch Punkte bekommen.
Die Einheiten sind zumindest auf den ersten Blick eine der gelungensten Weiterentwicklungen. Der Erkunder vereint den ehemaligen Späher und Archäologen, der neue Bautrupp macht Arbeitsboote überflüssig und kann auch Modernisierungen auf Wasser-Geländefeldern bauen. Auch bei den Einheiten spielt das Affinitätssystem eine Rolle. Denn neue Einheiten kann man nur freischalten, wenn man sie erforscht und die nötige Affinitätsstufe erreicht. Außerdem schaltet jede Affinität eine andere Einheit frei. Militärmodernisierungen geschehen nun automatisch ohne Aufwand von Geldmitteln. Und einige Einheiten wie der ENGEL oder der Rocktopus sind schon sehr cool. Eine neue Einheitengruppe sind die Orbitaleinheiten, die unterschiedliche Effekte auf einen begrenzten Bereich haben.
Grafisch ist das Spiel auf dem Niveau des Vorgängers. Zweckdienlich und ausreichend. Die fremden Planeten sehen ansprechend aus, aber da wäre noch mehr drin gewesen. Man wählt zu Beginn des Spiels aus verschiedenen Planeten einen aus (die neue Form der Wahl der Welt, ob Archipel, Kontinente, Pangäa etc.). Bis jetzt habe ich zwei verschiedene Stile gefunden, etwas heller und gelblich und etwas dunkler und bläulich-grün. Dabei erzeugen das Miasma und die fremdartigen Ressourcen durchaus die richtige Atmosphäre. Aber komplett unterschiedliche, zufällig generierte Planeten wären noch interessanter gewesen. Was für Ressourcen erwarten mich auf Planet X und auf welche Aliens treffe ich auf Planet Y? Dadurch wäre noch deutlich mehr Spieltiefe möglich gewesen.
Fazit: Das Spiel wirkt flüchtig programmiert und unfertig. Aber wahrscheinlich ist das bloß Strategie um das komplette Spiel Stück für Stück über DLCs zu veröffentlichen und so den treuen User so richtig zu melken. Man darf kein Spiel im Umfang von "Civilization V" erwarten und bei dem offensichtlich geringen Aufwand, der in die Produktion des Spiels geflossen ist sehe ich den Vollpreis für nicht angebracht. Ich rate jedem, der sich noch gedulden kann auf die ersten DLCs zu warten und bei einem Angebot zuzuschlagen. Bis dahin sind wohl auch die ersten Patches raus.