Obwohl Justin Kurzel vor grausamen Szenen nie zurückscheute, liegt sein dramatischer Fokus von jeher weniger auf der Gewalt selbst als auf deren Liminalität: die Ursachen, die psychischen und soziologischen Effekte, die Nachwirkungen. Für eine solche Betrachtung scheint die dreigliederige Struktur Richard Flanagans Romanvorlage optimal. Doch Shaun Grants Skript liefert eine seichte Edelschnulze, voll selbstzweckhafter Soft-Sex-Szenen und Schauaufnahmen modellhafter Körper, gekünstelter Dialoge und peinlicher Pseudo-Intellektualität. Die Gefangenschaft entspricht diesem Formalismus als fragmentarisches Kriegskino voll Charakter-Prototypen. Gediegenes Schauspieltheater, das sein Ensemble ernüchternd unterfordert.