7.2

MB-Kritik

The Messenger - Die letzte Nachricht 2009

Romance, Drama, War – USA

7.2

Ben Foster
Jena Malone
Eamonn Walker
Woody Harrelson
Yaya DaCosta
Portia
Lisa Joyce
Steve Buscemi
Peter Francis James
Samantha Morton
Paul Diomede
Jahmir Duran-Abreau
Gaius Charles
Brendan Sexton III
Brian Adam DeJesus
T.J. Allen

Inhalt

Sergeant Will Montgomery (Ben Foster) leistet die letzten drei Monate seines Militärdienstes an der „Heimatfront“ in den USA ab. Will wird dem erfahrenen Captain Tony Stone (Woody Harrelson) unterstellt, um ihn bei seiner bitteren Mission zu unterstützen: Gemeinsam benachrichtigen sie die Angehörigen im Kampf gefallener Soldaten. Stones Dienstplan: streng ans Protokoll halten. Ruhe bewahren. Bloß keine Schwäche zeigen. Obwohl es ihm schwerfällt, hält Will sich an diesen Dienst nach Vorschrift und unterdrückt jede Gefühlsregung – bis er sein Herz an die junge Witwe Olivia (Samantha Morton) verliert, der er die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbringen muss. Während Will von Gewissensbissen geplagt wird, setzt er zugleich das Vertrauen seines Vorgesetzten Stone aufs Spiel, der viel labiler ist, als er zugibt.

Kritik

Ähnlich wie die beiden Hauptfiguren, die Oren Moverman in seinem handwerklich tadellosem Spielfilmdebüt auf ihre unbequeme Mission an der Heimatfront schickt, ist der Filmemacher nicht ganz so sicher in seiner Sache, wie es anfangs scheint. Das Air eines kriegskritischen Dramas umweht die Story von Sergeant Will Moscow (Ben Foster) und dessen harten Kollegen mit bezeichnenden Namen Stone (Woody Harrelson), die den Angehörigen gefallener Soldaten die Todesnachricht überbringen müssen. Tatsächlich poliert Moverman die Schattenseite der militärischen Medaille auf. Wills Job sei „ein Auftrag für Männer mit Charakter“ heißt es. Von vornherein wird klargestellt, dass die Protagonisten jede Hochachtung verdienen. Immerhin sind die Angehörigen Paradebeispiele für die englische Phrase „shoot the messenger“. 

Der Tod an der Front wird durch die Trauerexzesse sublimiert, die Gefallenen werden pauschal heroisiert. Deren Mitschuld am selben Leid auf Seite der irakischen Bevölkerung wird ausgeblendet. Die Frage, ob von den Familienmitgliedern jetzt eine Ohrfeige oder ein Heulkrampf kommt, hält einen auf Dauer allerdings nicht wach. Die Mütter, Witwen und hochschwangeren Freundinnen sind keine autarken Charaktere, sondern passiv und abhängig vom Schicksal der Männer. Inwiefern und durch welche sozialen Mechanismen reaktionäre Rollenbilder in Armee-Familien fortbestehen, ergründet Moverman nicht. Das patriarchalische Familienbild erscheint als Norm, die sentimental verbrämt wird. Dafür sehen Soldatenfrauen gut aus. Wer kann es Will da verdenken, dass er der frisch verwitweten Olivia (Samantha Morton) nachsteigt? Moverman und Co-Autor Alessandro Camon jedenfalls sehen Wills Verhalten als Anteilnahme. Olivia braucht eben Trost und für ihren Mann schnellstmöglich Ersatz. Männer wie Tony und Will erscheinen zudem entsprechend kernig und athletisch. Man kehrt entweder im Ganzen zurück oder stirbt. Das physisch hässliche Gesicht des Krieges in Form von Entstellung oder Verkrüppelung trägt keiner der Helden. 

Moment, war das Filmthema nicht tiefste Trauer? Egal. Die Romanze unterminiert die aufgesetzte Botschaft vom Kriegsleid. Ironischerweise fängt die innere Pein für Will erst richtig an, als der Plot in die vertrauten dramaturgischen Gewässer eines verschrobenen Beziehungsdramas schippert. Will hegt nämlich noch sexuelle Regungen für seine Ex-Freundin Kelly (Jena Malone). Verkompliziert wird die Lage durch das Männerbündnis zu Stone, der ihm eingehämmert hat: Nie Hinterbliebene berühren! Die Destruktivität der gesamten militärischen Maschinerie und die systematische Verrohung der Menschen durch sie werden nicht aufgezeigt. Destruktiv erscheint einzig der Krieg, doch er wird als gegebenes, unausgesprochen notwendiges Übel angenommen. Moverman fragt nicht nach dem Sinn dieses Kriegs oder nach der politischen Motivation dahinter, nicht nach materiellen Interessen der Kriegstreiber und nicht nach den materiellen Zwängen, die womöglich den Armee-Eintritt beeinflusst haben. Der Eintritt in die Armee erscheint durchgehend als heldenhaft. Die psychischen Anforderungen des Einsatzes machen ihn höchsten heldenhafter.

Die Armee sei eine Familie, die sich um ihre Mitglieder kümmere, sagt Tony einmal anerkennend. Man verliert vielleicht den ein oder anderen Verwandten, aber man bekommt ein ganzes Bataillon an neuen hinzu. Da hat man am Ende ja Plus gemacht.

Fazit

Das psychologische Drama erzielt dank herausragender Darsteller und effektvoller Inszenierung eine gleichermaßen spannende und bewegende Stimmung. Doch der divergente Subtext hinterlässt das unangenehme Gefühl, mit künstlerisch ausgefeilten Mitteln manipuliert zu werden.

Autor: Lida Bach
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