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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Wien 1945: Das Pulverland des Krieges und die Zeit der russischen Besatzung, gesehen mit den vorurteilsfreien Augen der neunjährigen Christine. Sie weiß vom Frieden genauso wenig, wie die Kinder heute vom Krieg wissen. Ausgebombt und vollkommen mittellos kommt sie mit ihrer Familie in einer noblen Villa in Neuwaldegg unter. Jetzt haben sie Quartier, aber mehr nicht. Nach der Kapitulation deutscher Soldaten quartieren sich die Russen im Haus ein. Alle fürchen sich vor den als unberechenbar geltenden russischen Soldaten. Nur Christine nicht.

Kritik

Wenn jemand besonders dazu imstande ist, dem Fremden offen und vorurteilsfrei gegenüberzutreten, dann sind es die Kinder. Seien es neuartige Situationen oder Menschen aus anderen Ländern und Kulturkreisen, so mancher Erwachsene kann im Umgang mit ihnen durchaus von den Kindern lernen. Man kann es sich einfach machen und diese besondere Offenheit der Kleinen auf ihre Naivität und Unerfahrenheit schieben. Aber sind sie nicht auch dem natürlichen humanen Urzustand noch am nächsten? Zeigt sich bei ihnen nicht eine besondere Sensibilität für unmittelbare Zwischenmenschlichkeit, da sie noch nicht hoffnungslos in Misstrauen und einer verkopften Reflexionsfähigkeit verfangen sind?

In der Jugendbuchverfilmung Maikäfer, flieg! gewährt uns die österreichische Regisseurin Mirjam Unger Einblick in die Sichtweise der achtjährigen Christine. Das Mädchen erlebt in Wien mit ihrer Familie das Ende des Zweiten Weltkriegs und setzt dabei auf eine Weise ein Zeichen für die Menschlichkeit, wie es nur einem Kind gelingen kann. Die Buchvorlage stammt von Christine Nöstlinger, die als Kinder- und Jugendbuchautorin weltberühmt geworden ist und in diesem autobiografischen Roman von Erlebnissen aus ihrer eigenen Kindheit berichtet. Regisseurin Mirjam Unger verfasste zusammen mit Sandra Bohle das Drehbuch zum Film und hielt sich bis in die Details ihrer Inszenierung stets nahe an der Buchvorlage. Der ernsthafte und respektvolle Umgang mit dem Stoff zeigt sich auch in der Vorbereitung der Darstellerinnen und Darsteller, die sich in persönlichen Gesprächen mit Christine Nöstlinger an ihre Figuren herantasteten.

Die kleine Christine (gespielt von Zita Gaier) betrachtet die durch den Zweiten Weltkrieg zerrüttete Welt am liebsten durch eine Christbaumkugel. Als sei sie in den verschwommenen Bildern ihrer Umgebung auf der Suche nach einer heilen Gegenwart. Sie hat ihre in diesen Zeiten mit der Erziehung leicht überforderte Mutter (Ursula Strauss), ihren aus dem Krieg verletzt heimgekehrten Vater (Gerold Votava) und ihre große Schwester (Paula Brunner) bei sich und außerdem ein festes Dach über dem Kopf. Doch die Schrecken des Krieges ziehen an ihr nicht unbemerkt vorüber. Der Film deutet an, wie sich das Chaos des Krieges für die Kinder in den kleinen Katastrophen des Alltags widerspiegelt.

Mit seiner durch fröhliche Albernheiten der Kinder aufgelockerten Stimmung strebt Maikäfer, flieg! jedoch keinesfalls eine Verharmlosung des Krieges an, sondern entscheidet sich ausdrücklich für die Perspektive von Christine. In der harmonisch anmutenden Inszenierung äußert sich die fantasievolle und unbeschwerte Weltsicht einer Achtjährigen, die nur so ihre Widerstandsfähigkeit aufrechterhalten kann. Neben einem bemerkenswerten Trotz zeigt Christine ihre besondere Reife, indem sie sich von den Taten der Erwachsenen distanziert und deutlich äußert, dass sie für die kaputte Welt nicht mitverantwortlich gemacht werden will. Aus dieser Selbstständigkeit entspringt dann auch die Entscheidung, sich auf eigene Faust und gegen den Willen der Erwachsenen zu den Großeltern zu begeben. Da kann ihre Mutter noch so oft schreien, dass sie doch spinne, die Reaktionen von Christine auf diese aus den Fugen geratene Welt bleiben nachvollziehbar. Und auch als die Mutter zu ihrer Tochter sagt, dass sie sich alles ganz genau anschauen solle und diese demonstrativ die Augen schließt, ist dies symptomatisch für den Charakter des Mädchens und die Zeit in der es aufwächst.

Die Geschichte um die Familie Nöstlinger und ihr Zusammentreffen mit den russischen Soldaten in der Villa der Witwe eines Nationalsozialisten wird von der Kamera in kräftigen Farben eingefangen. Die musikalische Untermalung hätte noch ein wenig zurückhaltender ausfallen dürfen, fügt sich aber mit ihren glockenähnlichen Klängen ästhetisch in das Bild des Mädchens, das durch eine Christbaumkugel die Welt betrachtet. Aus den etwas chaotischen und den Wirren des Krieges nachempfundenen Einstellungen zu Beginn kristallisiert sich schon bald der Fokus auf die zwischenmenschlichen Begegnungen heraus. Christine tritt den von allen gefürchteten Russen offenherzig gegenüber. Sie knüpft eine enge Beziehung zu dem russischen Feldkoch Cohn, den Konstantin Jurjewitsch Chabenski mit einer tiefen, vom russischen Akzent geprägten Stimme und durchdringendem Blick auf eindrückliche Weise verkörpert. So wie das Mädchen die Vorurteile überwindet und zur Verständigung zwischen ihren Landsleuten und den Russen beiträgt, legt auch die Inszenierung Wert auf ein menschliches Miteinander. Als inszenatorischer Glücksgriff erweist sich die Tatsache, dass das titelgebende Volkslied „Maikäfer flieg“ am Anfang des Films in deutscher Sprache gesungen wird und am Ende des Films auf Russisch erklingt.

Fazit

Die Verfilmung des autobiografischen Jugendbuches „Maikäfer flieg!“ bewegt sich nahe an der Vorlage und zeichnet ein auf zwischenmenschliche Beziehungen ausgelegtes Bild der Endphase des Zweiten Weltkriegs aus der Perspektive der achtjährigen Christine. Mit einigen gelungenen inszenatorischen Einfällen und zutiefst berührenden Szenen der menschlichen Begegnung gelingt dem Film eine angemessene Adaptation des Buches. Dem Charme der trotzigen Hauptdarstellerin und der zutiefst humanen Botschaft des Films lässt sich nur schwer widerstehen. Das durch eine Christbaumkugel die chaotische Welt ringsherum in Augenschein nehmende Mädchen bleibt einem noch lange im Gedächtnis.

Kritik: Jonas Göken

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