6.6

MB-Kritik

Boarding School 2018

Horror

6.6

Samantha Mathis
David Aaron Baker
Robert John Burke
Sterling Jerins
Will Patton
Chris LaPanta
Stephen Bogardus

Inhalt

Die nächtlichen Schreie des von Albträumen geplagten 12-jähirgen Jacob sind für seine Eltern kaum noch zu ertragen. Als seine Großmutter stirbt, wird das Verhalten des ohnehin schon hochsensiblen und über-ängstlichen Jungen immer sonderbarer. Restlos überfordert suchen Jacob’s Eltern Hilfe bei dem strengen Schuldirektor Dr. Sherman, der gemeinsam mit seiner Frau ein exklusives Internat für Problemkinder leitet. Als ein Mitschüler unter ungeklärten Umständen ums Leben kommt und eine Reihe weiterer beängstigender Ereignisse geschieht, kommt Jacob allmählich hinter den wahren Grund für seinen Aufenthalt an der „Boarding School“…

Kritik

Mit der Nacht kommt die Angst. Der 12-(betont fast 13-)jährige Jacob (Luke Prael, Eight Grade) hängt vor dem Schlafengehen seinen Spiegel zu und versucht sowohl das Licht an wie die Tür zu seinem Kinderzimmer einen Spalt offen zu lassen, denn an erholsamen Schlaf ist bei ihm selbst dann kaum zu denken. Schreckliche Visionen, von seiner entnervten Mutter und dem Stiefvater abgetan als Folgeerscheinung seines passionierten Comic- und Gruselfilmkonsums, rauben der gesamten Patchwork-Familie schon lange den Schlaf. Nach dem Tod der lange geheim gehaltenen, da mit einer ähnlich finsteren Vergangenheit befleckten Großmutter, verstärkt sich dieses sogar deutlich. Als dann auch noch ein selbst von ihm nicht genauer zu erklärender „Verschmelzungs-Prozess“ mit der unbekannten Oma stattfindet – man könnte es auch Crossdressing nennen -, ist spätestens für seinen angeblichen Bester-Kumpel-Ersatzvater der Schacht voll. Im Hauruck-Verfahren auf dem „Härtefall-Internat“ des verschrobenen Psychologen Dr. Sherman (Will Patton, Halloween) angemeldet soll Jacob dort wohl an einer Art Kleingruppen-Therapie für sonderbare Fast-Teenager teilnehmen, was sich aber für den aufgeweckten Jungen schnell als ein skurriles wie gruseliges Gefängnis darstellt, dessen wahrer Sinn und Grausamkeit sich aber erst langsam entpuppt.

Nach seinem Independent-Debüt Fresh mit Leichtigkeit die beste Arbeit von Regisseur und Drehbuchautor Boaz Yakin (Safe  – Todsicher), da er hier erstmals eine offensichtlich Leidenschaft für das phantastisch Angehauchte im Coming-of-Age wie dem Horror- und Fantasyfilm im Allgemeinen offenbart. Auch wenn sein Protagonist – bewusst angesiedelt als eine Beinah-Teenie irgendwann in den 90ern- nicht direkt seiner Generation entspricht, es scheint viel Autobiographisches in diesem düsteren Märchen über finstere Träume, böse Stiefeltern und ein Knisper-Knusper-Hexenhäuschen verkauft als vermutlich dem religiösem Fanatismus verfallener Hort der straffen Erziehung für ein besseres, gesellschaftlich angepasstes Erwachsenwerden zu stecken. Scheibchenweise wird mit liebevollen Comic- und Genrefilmverweisen (von X-Men bis Mario Bava, dessen Die drei Gesichter der Furcht direkt gezeigt wird); klaren Hommagen an Guillermo del Toro (The Devil’s Backbone) und sogar unmissverständlich Dario Argento’s farbenprächtigen Entdeckungstour Suspiria hantiert, ohne dadurch als reine Referenzveranstaltung nicht seinen eigenen Plot zu verfolgen. Der sich von rätselhaft, sanft-subtil-bedrohlich steigert bis hin zur bitter-bösen Farce, die in der dargebotenen Konsequenz stellenweise echt positiv überrascht.

Auf dem Weg dahin wird sicher nicht jedes narrative Element richtig sinnvoll weitergesponnen. Gerade die (angeblich) wichtige Verbindung zur Großmutter und deren Vergangenheit baumelt letztlich lose zwischen den Stühlen und wäre kaum der Rede wert, wie auch die eigentlich total spannende Gender-Irritation des Protagonisten, die mehr zum flüchtigen Macguffin verkommt als darauf konsequent aufzubauen. Das ist schade, da wohl genau diese Feinheiten den Unterschied ausmachen könnten. Aber wohl gemerkt: Den Unterschied von einem sehenswerten, äußerst interessanten Beitrag zu einem uneingeschränkten Geheimtipp. Und da ist Boarding School verdammt nah dran.

Fazit

„Weil sie ein teuflisches Wesen haben…“ Boaz Yakin erweist sich (durchaus überraschend) als Kenner und Liebhaber des Horror,-Grusel- und Fantasyfilms und spinnt aus vielen inhaltlichen wie inszenatorischen Versatzstücken einen dennoch revitalisierend wirkenden, eigenen Gedankenstrang, der nur im Feinschliff mit den oft üblichen Kinderkrankheiten zu kämpfen hat. Nicht ideal, aber damit wären die Kritikpunkte an einem besonders für Genre-affine Zuschauer empfehlenswerten Film kurz und knapp abgehandelt. Das Positive, es überwiegt eindeutig.

Autor: Jacko Kunze
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